VAT in the Digital Age: Entwurf sieht E-Invoicing ab 2028 im Rahmen eines EU-weiten Meldesystems vor

Am 8. Dezember hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag zur Änderung der mehrwertsteuerlichen Vorschriften vorgelegt. Ein Element der Initiative – die digitalen Meldepflichten – sollen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs beitragen. Zentraler Bestandteil eines grenzüberschreitenden Meldesystems ist eine in einem standardisierten Datensatz strukturierte E-Rechnung, die ab 2028 innerhalb von zwei Tagen an die Finanzverwaltung zu übermitteln ist. Eine detaillierte Übersicht der beabsichtigten Änderungen erhaltet Ihr im nachfolgenden Beitrag.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 8 min. Lesezeit
VAT in the Digital Age: Entwurf sieht E-Invoicing ab 2028 im Rahmen eines EU-weiten Meldesystems vor

Status Quo: Aggregierte Meldung von grenzüberschreitenden Transaktionen im Rahmen der Zusammenfassenden Meldung

Im grenzüberschreitenden Onlinehandel sind seit geraumer Zeit nicht nur EU-weite Lieferungen an Endabnehmer relevant, sondern auch sogenannte innergemeinschaftliche Lieferungen. Solche können entweder im B2B-Bereich anfallen oder bei der Warenverbringung in unterschiedliche Lager innerhalb der EU. Bei Letzterem handelt es sich um innergemeinschaftliche Verbringungen, die innergemeinschaftlichen Lieferungen gleichgestellt sind.

Für diese innergemeinschaftlichen Lieferungen können bisher Rechnungen in einem beliebigen Format ausgestellt werden. Meldetechnisch sind diese Transaktionen bisher auf aggregierter Ebene in der Umsatzsteuervoranmeldung und der Zusammenfassenden Meldung (ZM) zu deklarieren. Dies könnte sich zukünftig grundlegend ändern. Was Ihr berücksichtigen müsst und welche Änderungen Ihr bis zum Jahr 2028 hinsichtlich der Meldung von unionsweiten Vorgängen im Blick behalten müsst, beantworten wir nachfolgend.

Was ändert sich künftig bei der Rechnungsstellung?

1.1.2024 – Elektronische Rechnungen werden digital

Eine elektronische Rechnung ist künftig definiert als eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wurde, was ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht. Die konkrete Änderung betrifft hierbei die automatische und elektronische Verarbeitung der Rechnung. Zuvor war bereits eine Rechnung als PDF eine elektronische Rechnung, wenn diese z.B. per E-Mail versendet wurde. Künftig müssen elektronische Rechnungen aber vielmehr einem strukturierten Datensatz entsprechen, damit diese entsprechend elektronisch und automatisiert von der Finanzverwaltung verarbeitet werden können. 

Die EU präferiert hierbei vor allem den in der Praxis bewährten Rechnungsstandard (DIN EN 16931), auch X-Rechnung genannt, der bereits im grenzüberschreitenden öffentlichen Vergabeverfahren (Business to Government) angewendet wird. Dieser hätte das Potenzial, Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel abzubauen, die sich aus dem Nebeneinander unterschiedlicher nationaler rechtlicher Anforderungen und technischer Standards bei der elektronischen Rechnungsstellung ergeben. Entsprechend soll das Format der X-Rechnung das Format für künftige digitale Umsatzsteuermeldungen sein.

Ab dem 1.1.2024 plant die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten zur Ausstellung von elektronischen Rechnungen im vorgenannten Format zu verpflichten. Hierbei schließt die Kommission die sogenannten Clearance-Modelle, die eine Freigabe der E-Rechnung durch die Finanzbehörden erfordert, aus. 

1.1.2025 – neue Ausstellungsfrist für Rechnungen

Im Falle von innergemeinschaftlichen Lieferungen (oder gleichgestellten Verbringungen) sowie bei sonstigen Leistungen, bei welchen der Leistungsempfänger der Steuerschuldner ist (Reverse-Charge) gilt künftig eine neue Ausstellungsfrist für die jeweilige Rechnung. Für diese Fälle muss die Rechnung spätestens bis zum 15. Tag nach dem Monat ausgestellt werden, in dem die Leistung ausgeführt wurde. 

E-Invoicing für grenzüberschreitende Leistung ab dem 1.1.2028

1.1.2028 – deutlich verkürzte Ausstellungsfrist  für Rechnungen

Die angesprochene Ausstellungsfrist wird ab dem 1.1.2028 nochmals verkürzt auf zwei Werktage. Entsprechend müsst Ihr künftig eine Rechnung für grenzüberschreitende Umsätze spätestens nach zwei Werktagen nach Eintritt des Steuertatbestands ausstellen. Dies würde im Vergleich zur bisherigen Rechtslage eine deutliche Verkürzung der Ausstellungsfrist bedeuten. In der Praxis müssen daher bestehende Prozesse grundlegend überdacht und angepasst werden.

Neue Rechnungspflichtangaben

Es kommen neue Rechnungsangaben hinzu, die vor allem mehr Angaben zur Zahlungsabwicklung enthalten. Dies ist dem allgemeinen Trend geschuldet, dass auch an anderer Stelle Zahlungsanbieter ebenfalls verpflichtet werden, bestimmte Aufzeichnungspflichten und Übermittlungspflichten zu erfüllen. 

Exkurs: Aufzeichnungspflicht für Zahlungsdienstleister bereits ab 1.1.2024
Mit § 22g UStG wird die RL (EU) 2020/284 in nationales Recht umgesetzt. Ab 1.1.2024 sind Zahlungsdienstleister, die in den grenzüberschreitenden Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen an Verbraucher in den EU-Mitgliedstaaten involviert sind, verpflichtet, Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten zu erfüllen. 

Konkret müsst Ihr künftig folgende Angaben auf Euren Rechnungen hinzufügen: 

  • Im Falle einer Rechnungskorrektur muss die Rechnungsnummer der berichtigten Rechnung angegeben werden.
  • Angabe der IBAN-Nummer des Lieferanten, welches das Bankkonto identifiziert, auf das der Rechnungsbetrag gutgeschrieben wird. Wenn die IBAN-Nummer nicht verfügbar ist, muss eine andere Kennung angegeben werden, die das Bankkonto identifiziert. 
  • Das vereinbarte Zahlungsdatum der Rechnung (Fälligkeitsdatum). Sofern Teilzahlungen vereinbart sind, das Datum und der Betrag jeder Zahlung. 

Zusammenfassende Meldung mutiert zum unionsweiten digitalen Meldesystem

Die ZM hat nach Auffassung der Europäischen Kommission nicht ausreichend zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs beigetragen. Grund hierfür war vor allem, dass die ZM in zeitlicher Hinsicht zu spät und in datentechnischer Hinsicht unzureichend war für eine effektive Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs. Die altbekannte ZM wird hierfür grundlegend überarbeitet und quasi abgeschafft. Bei der künftigen Meldeverpflichtung (nennen wir sie mal ZM 2.0) müsst Ihr die folgenden grenzüberschreitenden Leistungen angeben:

  • Innergemeinschaftliche Lieferungen und gleichgestellte innergemeinschaftliche Verbringungen;
  • neu ist die Meldepflicht von innergemeinschaftlichen Erwerben, die bisher meist nur über lokale Umsatzsteuermeldungen erklärt werden konnten;
  • grenzüberschreitende Erbringung von steuerpflichtigen sonstigen Leistungen (Dienstleistungen); 
  • lokale B2B-Verkäufe, die unter einen verpflichtenden Reverse-Charge Mechanismus fallen (Hinweis: diese Transaktionen müssen bereits ab dem 1.1.2025 bis zur Einführung des digitalen Meldesystems in der ZM deklariert werden)

Wichtig ist zu erwähnen, dass nunmehr jede Transaktion separat d.h. auf Einzeltransaktionsebene erfasst wird, statt wie bisher, zusammengefasst. Bisher musste lediglich die USt-IdNr. des Empfängers angegeben sowie die Art der Leistung (z.B. innergemeinschaftliche Lieferung) sowie die Summe der Bemessungsgrundlage. Entsprechend konnten die EU-Steuerbehörden nicht nachvollziehen, wie viele einzelne Transaktionen mit der jeweiligen Bemessungsgrundlage erbracht worden sind. Warum wir Bemessungsgrundlagen aus datentechnischer Sicht für antiquiert halten, könnt Ihr hier nachlesen.

Soweit würde sich diese neue digitale Meldeverplichtung nicht großartig von der bisher bekannten ZM unterscheiden. Allerdings müssen künftig weitere Daten übermittelt werden, was die wohl größte Veränderung für viele Unternehmer sein wird. Die folgenden Daten müssen künftig bei den angesprochenen grenzüberschreitenden Leistungen als strukturierter Datensatz übermittelt werden: 

  • das Ausstellungsdatum der Rechnung;
  • die fortlaufende Rechnungsnummer;
  • die USt-IdNr. des leistenden Unternehmers;
  • die USt-IdNr. des Leistungsempfängers;
  • die Menge und Art der gelieferten Gegenstände bzw. Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen;
  • die Steuerbemessungsgrundlage für die einzelnen Steuersätze beziehungsweise die Befreiung, den Preis je Einheit ohne Umsatzsteuer sowie jede Preisminderung oder Rückerstattung, sofern sie nicht im Preis je Einheit enthalten sind;
  • den Steuersatz;
  • Angabe, ob es sich um eine Gutschrift handelt (Rechnung, die der Rechnungsempfänger ausstellt);
  • im Falle einer Steuerbefreiung, die Angabe der Rechtsnorm, woraus sich die Steuerbefreiung ergibt; 
  • Hinweis, ob der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist (Reverse-Charge);
  • im Falle einer Rechnungskorrektur muss die Rechnungsnummer der berichtigten Rechnung angegeben werden;
  • Angabe der IBAN-Nummer des Lieferanten, welches das Bankkonto identifiziert, auf das der Rechnungsbetrag gutgeschrieben wird. Wenn die IBAN-Nummer nicht verfügbar ist, muss eine andere Kennung angegeben werden, die das Bankkonto identifiziert; 
  • das vereinbarte Zahlungsdatum der Rechnung (Fälligkeitsdatum). Sofern Teilzahlungen vereinbart sind, das Datum und der Betrag jeder Zahlung. 

ZM 2.0 – Near Real-Time Reporting in der EU

Besonders ambitioniert klingt aus heutiger Sicht der Übermittlungszeitpunkt für die ZM 2.0. Zwei Werktage nach Rechnungsausstellung muss der Unternehmer die oben genannten Daten übermitteln. Sofern der Unternehmer keine Rechnung ausstellt, gilt natürlich trotzdem die Übermittlungspflicht. Dies ist ein großer Schritt für die Mitgliedstaaten, wenn man bedenkt, dass vorher eine monatliche oder quartalsweise Übermittlung der ZM erfolgte. Dies ermöglicht den Mitgliedstaaten auch eine zeitnahe Überprüfung der übermittelten Daten. 

Das Gute an dem beabsichtigten digitalen Meldesystem ist die Nutzung des standardisierten Datenformats. Dies ermöglicht Unternehmern, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, ein harmonisiertes Datenformat für alle Mitgliedstaaten zu nutzen. 

Die große praktische Frage ist nun: Wie funktioniert die Übermittlung der Daten an die Finanzbehörden? 

Hierfür sieht die Kommission zwei Wege vor:

  • Die Übermittlung durch den Steuerpflichtigen selbst oder
  • die Übermittlung durch einen Dienstleister. 

Ein technischer Prozess für die Übermittlung ist seitens der Mitgliedstaaten bereitzustellen.

Fazit

Lange haben die E-Invoicing-Enthusiasten auf diesen Moment gewartet. Mit den geplanten Änderungen werden nun endlich die notwendigen Leitlinien für eine digitale Finanzverwaltung und Wirtschaft geschaffen, zumindest im grenzüberschreitenden Handel. An die Stelle von Papierrechnungen werden künftig strukturierte Datensätze treten, die die Transformation von den altbekannten Meldeverpflichtungen grundlegend verändern werden.

Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmer und deren Steuerberater wird dies allerdings ein tiefgreifender Transformationsschritt werden. Meist existieren hier noch Prozesse, die vor allem auf Papier zurückgreifen. Entsprechend müssen Steuerberater künftig digitale Systeme und Prozesse schaffen, die die neuen Gegebenheiten eines Near Real-Time Reportings berücksichtigen. Die Erfahrungen in diesem Bereich dürften insbesondere bei kleinen Unternehmen noch nicht vorliegen.

Das unionsweite digitale Meldesystem dürfte zu den Themen gehören, die bei dem ein oder anderen Mitgliedstaat auf Unmut trifft. Daher wird es in den kommenden Wochen und Monaten spannend sein, ob es im Hinblick auf den Kommissionsvorschlag noch umfangreiche Kompromisse geben wird. Schließlich kann nun auch endlich Berlin beim Thema E-Invoicing tätig werden. Das BMF hielt sich bisher mit konkreten Plänen beim elektronischen Meldesystem zurück, weil es auf die Vorschläge der EU wartete. Das Warten hat nun also ein Ende.

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