Im Tandem die steuerlichen Herausforderungen im E-Commerce meistern

Der E-Commerce zeichnet sich durch eine Vielzahl von Vorsystemen, Schnittstellen und Zahlungsdienstleistern aus. Angesichts der hohen Zahl potenzieller Fehlerquellen lassen viele Steuerkanzleien die Finger von diesen Mandaten. Zu Recht! Die steuerliche Betreuung des Onlinehandels gehört in die Hände von Spezialisten, die mit Technologieanbietern gemeinsame Sache machen.
Stephan Mittelhäuser
Stephan Mittelhäuser
  • 5 min. Lesezeit
Im Tandem die steuerlichen Herausforderungen im E-Commerce meistern

Die jüngste ifo-Umfrage zum Fachkräftemangel in Deutschland belegt eindringlich, wie stark die Branche Rechts-/Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung von Personalengpässen betroffen ist. Über 75% der befragten Kanzleien und Beratungsgesellschaften geben an, dass der Mangel an Fachkräften ihre Arbeit beeinträchtigt. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft sind es knapp 44%.

Eine Studie des Hamburger Instituts SWI Finance, für die rund 5.000 Steuerberater und Wirtschaftsprüfer befragt wurden, bestätigt die angespannte Situation: Über 88 Prozent der Kanzleien geben eine starke oder sehr starke Arbeitsbelastung an. Für über 90 Prozent ist die Rekrutierung von Mitarbeitern Thema Nummer 1. 

Die Zahlen sind nahezu identisch mit den aktuellen Ergebnissen des DATEV-Seismograf. Hierfür befragte die DATEV Steuerberater zu ihren größten Herausforderungen. Das Ergebnis: 9 von 10 Kanzleien fühlen sich vom Arbeitsaufkommen stark belastet. 4 von 5 Kanzleien ächzen unter dem Fachkräftemangel, der nach wie vor das größte Problem darstellt, gefolgt von Überregulierung und Bürokratie.

Unerbittliche Wachstumsbremse

Der Fachkräftemangel führt nicht nur zu einer anhaltend hohen Arbeitsbelastung, sondern erweist sich auch als unerbittliche Wachstumsbremse. Denn viele Kanzleien können aus Kapazitätsgründen keine Mandate mehr annehmen. Dazu gehören leider oft auch Mandate aus dem Onlinehandel.

Warum? Weil E-Commerce-Mandate andere Herausforderungen mit sich bringen als die Buchhaltung eines klassischen Mandanten. Das Kernproblem: Bei oft mehreren tausend Buchungen pro Tag ist eine vollständige Ermittlung der steuerlich relevanten Vorgänge manuell nicht möglich – oder nur zu astronomisch hohen Kosten.  

Mit anderen Worten: Ohne die Automatisierung wesentlicher Prozesse macht ein E-Commerce-Mandat für eine Steuerkanzlei keinen Sinn. 

Welche Prozesse sind notwendig?

Was heißt das für die Praxis? Auf welche Herausforderungen müssen sich Steuerkanzleien bei Mandaten aus dem Onlinehandel einstellen? 

Häufig setzen Onlinehändler eine Vielzahl von Softwarelösungen mit unterschiedlichen technischen Setups ein, darunter Shop- oder Warenwirtschaftssysteme. Damit die laufende Finanzbuchhaltung funktioniert, müssen die Transaktions- und Zahlungsdaten aus den verschiedenen Systemen in die Kanzleisoftware (i.d.R. DATEV) übertragen werden. 

Das bedeutet: Zur eigentlichen Steuerberatung des Mandanten gesellen sich einige knifflige Tätigkeiten, etwa die monatliche Aufbereitung der Daten aus den einzelnen Systemen und die regelmäßige Abstimmung mit den Anbietern der ERP-Systeme. Sprich: „Alte” Gesetzgebung wird mit neuer Technologie kombiniert. 

Dafür braucht es einen klaren Prozess mit entsprechenden Softwarelösungen. Ohne technologische Unterstützung müssen Kanzleimitarbeiter die Transaktionen aus den Systemen manuell einlesen. Diese Arbeit ist für den Mandanten nicht bezahlbar. Ganz zu schweigen von potenziellen Übertragungsfehlern, die auf dem Weg lauern.

Kurzum: Um den buchhalterischen Herausforderungen im Onlinehandel gerecht zu werden, müssen Steuerkanzleien ihre Arbeitsweise anpassen. Und digitale Lösungen in ihre Prozesse integrieren. 

Skalierung verdrängt Compliance 

Speziell in der Wachstumsphase eines Onlinehändlers können fehlende Prozesse zum Problem werden. Das Geschäft skaliert innerhalb kurzer Zeit, etwa wenn sich der Händler entschließt, seine Produkte EU-weit zu verkaufen. Das Problem: In dieser Situation gilt die volle Konzentration häufig Beschaffungs- und Vertriebsfragen – selten Compliance-Themen.

Die Folge? In dieser Phase kann es z.B. passieren, dass in der Hektik des Tagesgeschäfts massenhaft falsche Rechnungen ausgestellt werden. Ein Desaster. Denn eine zu Unrecht oder falsch ausgewiesene Umsatzsteuer kann gravierende Folgen haben. Hohe Nachforderungen der Finanzämter gefährden den Gewinn aus dem Auslandsgeschäft. Von möglichen steuerstrafrechtlichen Konsequenzen ganz zu schweigen. 

Auch im Auslandsgeschäft selbst lauern steuerliche Fallstricke. So muss der Onlinehändler die richtigen Umsatzsteuersätze berechnen und abführen. Angesichts der Vielfalt an Umsatzsteuersätzen in der EU keine einfache Aufgabe.

Allein diese zwei Beispiele zeigen, warum es – gerade in Zeiten der Skalierung – extrem wichtig ist, Onlinehändler steuerlich an die Hand zu nehmen. 

Kanzleien brauchen kompetente Partner

Damit Steuerkanzleien Onlinehändler sicher durch die Compliance-Klippen lotsen, reicht steuerrechtliches Rüstzeug also längst nicht mehr aus. Auch bei der Digitalisierung müssen Kanzleien Schritt halten. Doch viele hinken bei dem Thema hinterher. Ein Grund: Die meisten Steuerberater ste­cken bis über beide Ohren im Tages­geschäft. Es fehlt der klare Kopf, digitale Prozesse auf den Weg zu bringen.

Anders bei den vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU): Der aktuelle KfW-Digitalisierungsbericht belegt, dass der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub im Mittelstand anhält. Auch deshalb ist es wichtig, dass Steuerkanzleien auf den Zug der Digitalisierung aufspringen.  

Dafür benötigen sie geeignete Tools und Prozesse. Hier lohnt es sich, über eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Steuerkanzleien und Technologieanbietern nachzudenken. In einer „Partnerschaft auf Augenhöhe” greifen Steuerkanzleien auf das Know-how steuerlicher IT-Experten zu. Auf diese Weise wird qualifizierte Steuerberatung mit automatisierten Prozessen und Datenauswertungen verknüpft. 

Die Vorteile:

  • Die Zusammenarbeit entlastet die Kanzlei von arbeitsintensiven Tätigkeiten im Mandantenmanagement, 
  • Reibungsverluste in der Kommunikation mit den Mandanten werden eliminiert, 
  • die Fachkräfte der Kanzlei können sich verstärkt der eigentlichen Beratung widmen. 

Was das konkret für die Praxis heißt, könnt Ihr in diesem Beitrag lesen.

Fazit

Die steuerliche Betreuung von Onlinehändlern gehört in die Hände von Spezialisten, die auf eine Kombination aus fachlichem und technischem Know-how setzen. Damit die laufende Finanzbuchhaltung des Mandanten den Kostenrahmen nicht sprengt, sind neben steuerrechtlichem Know-how die Automatisierung von Prozessen sowie der Einsatz spezialisierter Softwarelösungen unerlässlich. 

Eine Partnerschaft zwischen Steuerkanzlei und Technologieanbieter stellt sicher, dass der Steuerberater seinem E-Commerce-Mandanten effizient den Rücken von Buchhaltung, Steuern und Regulierung freihält. Die gewonnene Zeit verschafft der Kanzlei Freiräume, den Umsatz durch individuelle Beratungsleistungen zu steigern. Wie diese Partnerschaft konkret aussehen kann, erfahrt Ihr hier.

2 Kommentare

    Ich hoffe ich bekomme meine Steuererklärung dieses Jahr selbst hin. In den letzten Jahren habe ich mit einem Steuerberater zusammen gearbeitet. Vielleicht werde ich das dieses Jahr doch wieder tun. https://www.stb-christl.de/Steueroptimierung

    Moin Olli,

    danke für deine Erfahrungen und den Link 😉 Hast du gute Erfahrungen mit dieser Kanzlei gemacht? Ist die auf Onlinehandel/E-Commerce spezialisiert?

    Liebe Grüße
    Roger

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