Umsatzsteuerliche Risiken falscher Rechnungen

Falsch ausgestellte Rechnungen gehören zu den Klassikern im Onlinehandel. Welche umsatzsteuerlichen Risiken bei der Rechnungsstellung zu beachten sind, erfahrt Ihr hier.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 6 min. Lesezeit
Umsatzsteuerliche Risiken falscher Rechnungen

Wann ist eine Rechnung falsch?

Das Umsatzsteuerrecht regelt in § 14c UStG zwei Fälle der zu Unrecht ausgewiesenen Steuer: § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) und § 14c Abs. 2 UStG (unberechtigter Steuerausweis). Beide Fälle werden in der Praxis häufig als sogenanntes „14c-Risiko” bezeichnet.

Unrichtiger Steuerausweis 

Ein unrichtiger Steuerausweis liegt vor, wenn auf der Rechnung ein höherer Steuerbetrag steht als der Unternehmer gesetzlich schuldet. Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen ausgewiesener Steuer und gesetzlich geschuldeter Steuer. Nur weil in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen ist, bedeutet dies nicht, dass diese auch gesetzlich geschuldet ist. 

Der Clou des § 14c Abs. 1 UStG ist, dass der Unternehmer die in der Rechnung unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer dennoch schuldet. Hintergrund ist, dass der Unternehmer durch die Ausstellung der unrichtigen Rechnung eine Gefahr geschaffen hat. Heißt: Es besteht ein Risiko, dass der Leistungsempfänger die ausgewiesene und gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen kann. Solange diese Gefahr nicht beseitigt ist, schuldet der Unternehmer das, was auf der unrichtigen Rechnung steht. 

Ein Steuerausweis ist unrichtig, wenn die Steuer in folgender Konstellation ausgewiesen ist:

  • bei steuerpflichtigen Leistungen, wenn eine höhere als die geschuldete Steuer ausgewiesen wurde;
  • bei steuerpflichtigen Leistungen, wenn der Leistungsempfänger die Steuer schuldet;
  • für nicht steuerbare Leistungen (unentgeltliche Leistungen, Leistungen im Ausland und Geschäftsveräußerungen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG) und
  • für nicht versteuerte steuerpflichtige Leistungen, wenn die Steuer für die Leistung wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) nicht mehr erhoben werden kann.

Unberechtigter Steuerausweis

Neben dem unrichtigen Steuerausweis gibt es einen weiteren Fall einer falschen Rechnung. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er dazu nicht berechtigt (unberechtigt) ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG). Im Folgenden zeigen wir Euch, welche Fälle hiervon betroffen sind. 

Exkurs: Unionsrecht kennt nur falsche Rechnungen
Nach Art. 203 MwStSystRL schuldet die Mehrwertsteuer derjenige, der sie in einer Rechnung ausweist. Das Unionsrecht unterscheidet also nicht zwischen Rechnungen mit unrichtigem und unberechtigtem Steuerausweis. Es kommt allein darauf an, dass jemand eine Rechnung ausstellt, in der zu Unrecht ein Steuerbetrag ausgewiesen ist.

Kleinunternehmer weist Umsatzsteuer aus

Der bekannteste Fall des unberechtigten Steuerausweises betrifft Kleinunternehmer. Nach der deutschen Kleinunternehmerregelung schulden diese keine deutsche Umsatzsteuer und müssen bzw. dürfen diese auch nicht auf entsprechenden Rechnungen ausweisen. 

Auch hier gilt, dass der Kleinunternehmer gesetzlich keine Umsatzsteuer schuldet. Weist der Kleinunternehmer trotzdem Umsatzsteuer auf seinen Rechnungen aus, muss er diese auch abführen (gem. § 14c Abs. 2 UStG).

Warum Kleinunternehmer im Ausland Umsatzsteuer abführen müssen, könnt Ihr hier nachlesen.

Steuerausweis eines Nichtunternehmers 

Der nächste Fall mit Blick auf die Risiken falscher Rechnungen klingt zunächst etwas unglaubwürdig. Stellt ein Nichtunternehmer eine Rechnung aus, auf der Umsatzsteuer ausgewiesen ist, schuldet auch der Nichtunternehmer Umsatzsteuer. 

Auch hier gilt die Devise, dass gesetzlich keine Umsatzsteuer geschuldet ist, weil ein Nichtunternehmer – wer hätte es gedacht – kein Unternehmer ist. Und daher das Umsatzsteuergesetz nicht mal hätte aufschlagen dürfen. Weist der Nichtunternehmer dennoch Umsatzsteuer auf seinen Rechnungen aus, muss er diese auch abführen. Pech gehabt! 

Steuerausweis bei fehlender Leistung

Ein anderer Fall, der die Risiken falscher Rechnungen verdeutlicht, ist der Umsatzsteuerbetrug. Hier werden bewusst Rechnungen mit Steuerausweis ausgestellt, damit der Rechnungsempfänger im nächsten Schritt die Vorsteuer geltend machen kann. Neben der nicht erbrachten Leistung wird aber auch die Umsatzsteuer nicht abgeführt. Der Fiskus schaut also ins Leere.

Falsche Leistungsbeschreibung

Diesen Fall prüfen Finanzbeamte sehr gern. Dabei geht es um die Leistungsbeschreibung auf Euren Rechnungen. Ein Beispiel: Ihr verkauft Kopfhörer und schreibt auf Eurer Rechnung, dass Ihr einen 4K Ultra-HD Flatscreen verkauft habt. Achtung: In diesem Fall müsst Ihr zweimal Umsatzsteuer abführen. Einmal für die falsche Rechnung (4K Ultra-HD-Flatscreen) und natürlich für die Kopfhörer. 

Was ist überhaupt eine Rechnung?

Jetzt wird es philosophisch. Was ist eigentlich eine Rechnung? Diese existenziell anmutende Frage spielt im Rahmen des § 14c UStG tatsächlich eine große Rolle. Es gibt quasi eine eigene Definition, was eine Rechnung ist und wann die Umsatzsteuer nach § 14c UStG geschuldet wird. 

Eine Rechnung nach § 14c UStG ist demnach keine Rechnung nach § 14 UStG, da § 14c UStG wesentlich geringere Anforderungen an ein Rechnungsdokument stellt. Für eine § 14c-Rechnung genügt es, dass das Rechnungsdokument den Rechnungsaussteller, den (angeblichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer enthält.

Hinweis: 

  • Eine Rechnung mit allen erforderlichen Rechnungsangaben §§ 14, 14 Abs. 4 UStG berechtigt zum Vorsteuerabzug.
  • Eine „Rechnung” nach § 14c UStG sieht nur aus wie eine Rechnung nach §§ 14, 14 Abs. 4 UStG; und birgt die Gefahr, dass ein Unternehmer diese „Rechnung” zum Vorsteuerabzug verwendet.

Unterschiedliche Berichtigungsverfahren

Warum diese Unterscheidung zwischen unrichtigen und unberechtigten Steuerausweis? Wenn Ihr dem Fiskus keine Umsatzsteuer schenken wollt, könnt Ihr falsche Rechnungen berichtigen. 

Dabei kommt es darauf an, ob der Steuerausweis unrichtig oder unberechtigt ist. Es gelten somit unterschiedliche Berichtigungsverfahren. So viel vorweg: Hoffentlich habt Ihr keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis!

Unrichtiger Steuerausweis

Der leistende Unternehmer kann die § 14c-Rechnung mit unrichtigem Steuerausweis (= zu hohe Steuer) gegenüber dem Leistungsempfänger mittels einer Berichtigungserklärung berichtigen. 

Die Berichtigungserklärung gegenüber dem Leistungsempfänger hat durch eine hinreichend bestimmte schriftliche Berichtigung zu erfolgen. Aus dieser muss klar und eindeutig hervorgehen, dass die ursprünglich ausgestellte Rechnung berichtigt und eine neue (richtige) Rechnung ausgestellt wird. Eine bloße Stornobuchung des leistenden Unternehmers reicht für eine Berichtigung des Steuerbetrages nicht aus.

Unberechtigter Steuerausweis

Ihr habt die Berichtigung einer Rechnung mit unrichtigem Steuerausweis schon als kompliziert empfunden? „Hold my Rechnungsblock” – es geht noch komplizierter!

Bei einem unberechtigten Steuerausweis müsst Ihr bei Eurem zuständigen Finanzamt einen gesonderten schriftlichen Antrag auf Berichtigung stellen. Dabei müsst Ihr auch nachweisen, dass die ursprüngliche Rechnung keine Gefahr für das Steueraufkommen darstellt. 

Dazu muss der Rechnungsaussteller nachweisen, dass der Vorsteuerabzug vom Leistungsempfänger nicht geltend gemacht wurde oder – falls doch – der geltend gemachte Vorsteuerbetrag an das Finanzamt zurückgezahlt wurde. Kurzum: Man muss sich an seinen Leistungsempfänger wenden, seinen Fehler eingestehen und auf die Kooperation seines Geschäftspartners hoffen. Denn ohne Kooperation geht in diesem Fall gar nichts.

Im nächsten Blogbeitrag zu umsatzsteuerlichen Risiken falscher Rechnungen erfahrt Ihr mehr über ein aktuelles EuGH-Urteil zum § 14c UStG. Coming soon!

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