Dropshipping – Logistisch ein Traum und umsatzsteuerlich auch?

Dropshipping ist ein Thema, welches jeder Onlinehändler und jeder Steuerberater gehört haben sollte. Dropshipping hat für viele Onlinehändler logistische Vorteile, kann Euch aber auch Probleme bei der Steuer bescheren. Was Ihr beim Dropshipping beachten müsst und welche umsatzsteuerlichen Folgen damit verbunden sind, erklären wir Euch in diesem Blogbeitrag.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
Dropshipping – Logistisch ein Traum und umsatzsteuerlich auch?

Inhaltsverzeichnis:

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Dropshipping erfreut sich insbesondere als Einstieg in eine Karriere als Onlinehändler großer Beliebtheit. Das Web ist voll von vermeintlichen oder tatsächlichen Erfolgsstories, wie sich mit Dropshipping quasi mühelos Geld verdienen lässt. Das Thema Steuern beim Dropshipping wird dabei oft, wenn überhaupt, nur am Rande erwähnt.

Doch Dropshipping ist nicht frei von Risiken. Neben Warensourcing, Marketing etc. stellen insbesondere Aspekte rund um die Umsatzsteuer beim Dropshipping erhebliche Herausforderungen dar.

Was ist Dropshipping überhaupt?

Das Dropshipping ist eine besonders beliebte Form des Warenversands. Normalerweise liefert Ihr als Onlinehändler einen Gegenstand nach dessen Bestellung direkt an Euren Kunden. Hierzu müsst Ihr natürlich ein Warenlager vorhalten (oder Eure private Garage), in dem Eure Wareneingänge lagert. Soweit die Realität ohne Dropshipping. 

Gerade für die Wiederverkäufer unter Euch, ist dagegen das Dropshipping interessant. Beim Dropshipping müsst Ihr nämlich kein eigenes Warenlager unterhalten. Bestellt ein Kunde etwa einen Gegenstand auf Eurem Onlineshop, versendet nicht Ihr die Ware, sondern z.B. der Hersteller. Ihr als Verkäufer müsst Euch also nicht direkt um den Versand der Ware kümmern.

Gut zu wissen: Ist Dropshipping legal?
Immer wieder taucht die Frage auf, ob Dropshipping (in Deutschland) überhaupt legal sei. Die Antwort ist klar: Solange Ihr die rechtlichen und vor allem steuerrechtlichen Bestimmungen einhaltet, ist Dropshipping ein ganz normales legales Geschäftsmodell wie jedes andere auch, das bestätigt auch die Bundesregierung. Dropshipping ist lediglich exotisch in logistischer Sicht; verboten ist es deshalb aber nicht. Allerdings stellt das Dropshipping durch seine logistischen Besonderheiten viele Onlinehändler oftmals vor steuerrechtliche Herausforderungen. Beachtet dabei insbesondere, dass Dropshipping auch Steuerpflichten im Ausland hervorrufen kann. Näheres zu den rechtlichen und steuerlichen Bestimmungen zum Dropshipping lest Ihr nachfolgend. 

Dropshipping versus Fulfillment by Amazon (FBA)

Falls sich nun die Logistik-Experten unter Euch fragen, was denn Dropshipping etwa vom Fulfillment by Amazon (FBA) unterscheidet, haben wir auch hier die richtige Antwort für Euch. Neben dem bekannten FBA bietet auch Amazon Dropshipping an. Der konkrete Unterschied zwischen beiden ist folgender:

Dropshipping

Beim Dropshipping liegen zwei zivilrechtliche Kaufverträge über denselben Kaufgegenstand vor, nämlich:

  • Der 1. Kaufvertrag liegt natürlich zwischen Euch als Onlinehändler und dem Kunden vor und
  • der 2. Kaufvertrag liegt zwischen dem Lieferanten und Euch als Onlinehändler vor. 

Fulfillment by Amazon (FBA)

Beim FBA liegt dagegen nur ein Kaufvertrag zwischen Euch als Onlinehändler und dem Endkunden vor. Schließlich kauft Ihr als Onlinehändler regelmäßig keine Ware von Amazon im Rahmen des FBA. Beim FBA befindet sich die Ware vielmehr bereits bei Amazon (oder anderen Fulfillmentanbietern), die dann aus einem Amazon Warenlager direkt zum Kunden gelangt.  

Gut zu wissen: Muss ich für Dropshipping ein Gewerbe anmelden?
Ihr seid Angestellter oder Angestellte und wollt Euch ein kleines Zubrot verdienen, indem Ihr einen Onlineshop betreibt? Egal wie gering Eure Umsätze sind, selbst das kleinste Kleingewerbe müsst Ihr in Deutschland anmelden. Eure (Klein-) Gewerbeanmeldung müsst Ihr in Eurer jeweiligen Stadt- oder Gemeindeverwaltung (Gewerbe- und Ordnungsamt) vornehmen. Lebt Ihr in einer besonders digitalen Gemeinde, könnt Ihr diese sogar mittlerweile schon online machen. Andernfalls müsst Ihr leider vor Ort auftauchen. Nehmt dazu in jedem Fall einen gültigen Personalausweis oder Reisepass (mit Meldebestätigung) sowie die ausgefüllte Gewerbeanmeldung mit. Konkrete Informationen erhaltet Ihr hierbei bei Eurem jeweiligen Gewerbe- und Ordnungsamt oder auf der für Euch zuständigen IHK. Wenn Ihr ein Kleingewerbe betreibt, werden Euch nach dem kleinen bürokratischen Akt auch bestimmte Privilegien eingeräumt, von dem große Unternehmen nur träumen können. Für Euch entfallen zum Beispiel die Pflicht zur doppelten Buchführung und die Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister. 


Allerdings müsst Ihr alle Eure Einnahmen aus einem Nebengewerbe versteuern. Seien sie noch so gering. Es gibt also keine Verdienstgrenze oder Freibetrag, wonach Ihr Eure Einnahmen nicht versteuern müsst. Eine Ausnahme gilt nur für die Freiberufler unter Euch. Als Gewerbetreibender unterliegt Ihr zwar der Einkommensteuer, allerdings müsst Ihr keine Gewerbesteuer an das Finanzamt abführen, wenn Ihr unter dem Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro bleibt. 

Dropshippinglieferungen sind auch nur Reihengeschäfte – nur cooler 

Die Vorteile des Dropshippings liegen auf der Hand. Statt sperriger Warenlager und lästigem Päckchenpacken wird die ganze Logistik einfach ausgelagert. So weit so gut, aber im Bezug auf Steuern kann Dropshipping zu unschönen Überraschungen für Onlinehändler führen.

Reihengeschäft? Nicht schon wieder! 

Was müsst Ihr aber nun umsatzsteuerlich beim Dropshipping beachten? Hinsichtlich der Umsatzsteuer ist Dropshipping letztendlich ein sogenanntes Reihengeschäft. Dropshipping klingt bloß cooler. 

Wenn Ihr Euren Steuerberater auf Dropshipping bzw. Reihengeschäfte ansprecht, werdet Ihr sehr wahrscheinlich ein großes Augenrollen erleben. Denn Reihengeschäfte sind ein echter Klassiker im Umsatzsteuerrecht. Euer Steuerberater oder Eure Steuerberaterin erinnert sich sicherlich nur mit knirschenden Zähnen an die zahlreichen Fallvarianten zur Steuer bei Reihengeschäften, mit denen er oder sie während der Examensvorbereitung gequält worden ist.

Reihengeschäfte sind aber nicht nur in der Fortbildung zum Steuerberater, sondern auch in der steuerlichen Praxis ein echter Klassiker, die mit vielen Problemen bei der Umsatzsteuer verbunden sind. 

Exkurs: Reihengeschäft – früher war nicht alles besser 
Reihengeschäfte waren bezüglich der Umsatzsteuer in der Vergangenheit ein einziges Durcheinander. Vor allem bei sogenannten grenzüberschreitenden Reihengeschäften gab es bis zur Umsetzung der sogenannten Quick Fixes keine unionsweiten Regelungen. Stattdessen mussten sich Steuerberater regelmäßig mit den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) auseinandersetzen, um Reihengeschäfte überhaupt greifbar zu machen. Diesen Blick ins Geschichtsbuch wollen wir Euch aber ersparen. Seit dem 1.1.2020 existiert nämlich eine EU-einheitliche Regelung für Reihengeschäfte in Art. 36a MwStStystRL, den Deutschland in § 3 Abs. 6a UStG umgesetzt hat. 
Die EuGH-Rechtsprechung zu Reihengeschäften ist durch Art. 36a MwStSystRL allerdings nicht völlig nutzlos geworden. Sie ist weiterhin relevant für Drittlandsfälle. Hier hat der deutsche Gesetzgeber zwar eine Regelung in § 3 Abs. 6a S. 7 UStG geschaffen, die so aber nicht in Art. 36a MwStSystRL geregelt ist. 

Was müsst Ihr hinsichtlich Umsatzsteuer beim Dropshipping beachten?

Kommen wir also zum Dropshipping bzw. zum Reihengeschäft zurück und was Ihr als Onlinehändler dabei hinsichtlich der Steuer beachten müsst. Keine Angst, an dieser Stelle ersparen wir Euch die unsägliche Theorie zu Reihengeschäften, sondern begrenzen uns auf das Wesentliche. Am besten lassen sich die Vorgänge bei einem Reihengeschäft mit folgender Grafik verdeutlichen:

DRopshipping und Steuer: Da die ware direkt vom Hersteller bzw. Lieferanten an den Kunden geschickt wird, gelten bei der Umsatzsteuer besondere Bedingungen.
Dropshipping bzw. Reihengeschäft: Die Ware wird physisch direkt vom Hersteller / Lieferant an den Kunden verschickt

Wir erinnern uns: Beim Dropshipping liegen zwei zivilrechtliche Kaufverträge über denselben Kaufgegenstand vor, nämlich:

  • Der 1. Kaufvertrag liegt natürlich zwischen Euch als Onlinehändler und dem Kunden vor und
  • der 2. Kaufvertrag liegt zwischen dem Lieferanten und Euch als Onlinehändler vor. 

Entscheidend bezüglich der Steuern ist nun noch, dass der Kaufgegenstand unmittelbar vom Lieferanten an den letzten Kunden gelangt. Et voilà wir haben ein Reihengeschäft. Aber was ist nun so besonders aus umsatzsteuerlicher Sicht an dieser Konstellation?

Bewegte Lieferung – ES KANN NUR EINE GEBEN!

Wie bereits erwähnt, liegen bei einem Reihengeschäft zwei zivilrechtliche Kaufverträge vor, und damit grundsätzlich auch zwei Lieferungen hinsichtlich der Umsatzsteuer. Auf der anderen Seite existiert aber nur eine Warenbewegung, d.h. derselbe Kaufgegenstand wird nur einmal transportiert, also “bewegt”. Diese Besonderheit wird auch umsatzsteuerlich gewürdigt. 

Ein Reihengeschäft besteht zwar – wie gezeigt – aus mindestens zwei Lieferungen, es kann aber nur eine davon die bewegte Lieferung sein.

Für die bewegte Lieferung kommen dann bestimmte Privilegien hinsichtlich der Steuern in Betracht. Im B2B-Bereich ist dies etwa regelmäßig die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung oder eine Ausfuhrlieferung. Die bewegte Lieferung ist daher quasi der Highlander unter den Lieferungen im Reihengeschäft: ES KANN NUR EINE GEBEN!

Grundsätzlich führt der erste Unternehmer die bewegte Lieferung aus

Umsatzsteuerlich gilt, dass regelmäßig der erste Unternehmer in der Reihe die bewegte Lieferung ausführt (§ 3 Abs. 6a S. 2 UStG). In dem oberen Beispiel wäre das regelmäßig der Lieferant beim Dropshipping. Er führt die bewegte Lieferung an Euch als Onlinehändler aus. 

Ruhende Lieferung – die chillige Lieferung unter den Lieferungen

Neben der bewegten Lieferung, gibt es auch die sogenannte ruhende Lieferung (aka unbewegte Lieferung). Alle umsatzsteuerlichen Folgen dieser ruhenden bzw. unbewegten Lieferungen hängen regelmäßig davon ab, was hinsichtlich der bewegten Lieferung gilt. Entsprechend solltet Ihr immer zunächst feststellen, welche Lieferung in einem Reihengeschäft die bewegte Lieferung ist. 

Da wir dies bereits wissen, führt in unserem Beispiel der Onlinehändler die unbewegte Lieferung an den Kunden aus. 

Bewegte oder unbewegte Lieferung, na und?

Sicherlich fragt Ihr Euch jetzt, was die ganze Unterscheidung zwischen bewegte und unbewegter Lieferung soll? Hinsichtlich der Steuern gelten hier unterschiedliche Konsequenzen. Wandeln wir hierzu unser obiges Beispiel einmal ab und lassen den Kaufgegenstand über die deutsche Grenze wandern. Denn verlässt die Ware Deutschland und gelangt sie ins EU-Ausland, fangen bekanntlich die echten Herausforderungen bei der Umsatzsteuer an. 

Dropshipping und Steuern: Wenn die Ware vom Hersteller / Lieferanten direkt an einen Endkunden im EU-Ausland geschickt wird, entstehen dort Pflichten bei der Umsatzsteuer.
Dropshipping: Verlauf der Lieferung zu Endkunden im EU-Ausland führt zu steuerlichen Pflichten dort

Gut zu wissen: Dropshipping und Kleinunternehmerregelung
Gerade für die Neugründer und Start-ups unter Euch könnte Dropshipping oftmals in Frage kommen, da Ihr keine oder kaum Logistik benötigt, um Eure Waren an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Dasselbe gilt natürlich erst recht, wenn Ihr ein Nebengewerbe betreibt. Nur weil Ihr dabei Dropshipping nutzt und gerade am Anfang wenig Umsatz erzielt, können trotzdem rechtliche und steuerliche Pflichten damit verbunden sein. Hier ist vor allem die Kleinunternehmerregelung in umsatzsteuerliche Hinsicht von Relevanz. Denn diese gilt auch, wenn Ihr Neugründer seid oder ein Nebengewerbe anmeldet. Was die Kleinunternehmerregelung ist, welche Einkommensgrenzen hier relevant sind und ob diese Sonderregelung für Euch als Onlinehändler überhaupt sinnvoll ist, erklären wir Euch in einem separaten beitrag: Kleinunternehmer im Onlinehandel.

Dropshipping ins EU-Ausland: Umsatzsteuer-Folgen für den Lieferanten

Der Lieferant (1. Unternehmer in der Reihe) führt die bewegte Lieferung an den Onlinehändler aus (§ 3 Abs. 6a S. 2 UStG). Ort der Lieferung ist in Deutschland für die bewegte Lieferung gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG, da hier die Versendung des Kaufgegenstands beginnt. Der Lieferant hätte für diesen Umsatz an den Onlinehändler entsprechend Umsatzsteuer abzuführen.

Allerdings gelangt der Gegenstand nach Polen, also ins EU-Ausland. Entsprechend ist die Lieferung des Lieferanten als innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Rechnung des Lieferanten an den Onlinehändler muss also keine Umsatzsteuer ausweisen.

Exkurs: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung
Die Lieferung des Lieferanten ist als innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich steuerfrei, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Neben entsprechenden Buch- und Belegnachweisen muss der Lieferant auch eine Zusammenfassende Meldung (ZM) abgeben. In seiner deutschen ZM muss der Lieferant eine innergemeinschaftliche Lieferung an den Onlinehändler melden, indem er dessen polnische UStIdNr. angibt. Entsprechend sollte auch die Rechnung des Lieferanten an den Onlinehändler sowohl die deutsche UStIdNr. des Händlers als auch die polnische UStIdNr. des Onlinehändlers enthalten. Die Rechnung muss ferner einen Hinweis enthalten, dass die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung gilt. 

Dropshipping ins EU-Ausland: Umsatzsteuerliche Folgen für den Onlinehändler

Interessanter sind allerdings die Umsatzsteuer-Folgen beim Dropshipping für den Onlinehändler. Zunächst ist die Lieferung zu beachten, die der Onlinehändler vom Lieferanten bezieht (Eingangsseite). Danach schauen wir uns die Lieferung an, die der Onlinehändler an den polnischen Endkunden tätigt (Ausgangsseite). 

Beachte: 

Immer wenn Ihr als Onlinehändler der mittlere Unternehmer wie in unserem Beispiel innerhalb der Lieferkette seid und die Ware über die Grenze transportiert wird, sollten bei Euch die Steuer-Alarmglocken läuten. Denn für Euch als Onlinehändler sind dann die umsatzsteuerlichen Konsequenzen am drastischsten, wie Ihr gleich sehen werdet. 

Lieferung an den Onlinehändler (Eingangsseite)

Da der Lieferant eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an den Onlinehändler ausführt, hat unser Onlinehändler spiegelbildlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Polen zu versteuern (vgl. § 3d S. 1 UStG bzw. Art. 40 MwStSystRL). Sofern unser Onlinehändler nicht bereits in Polen umsatzsteuerlich registriert ist, würde dieser Erwerb nun eine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht in Polen für den Onlinehändler auslösen. Der Onlinehändler muss den innergemeinschaftlichen Erwerb zwar in Polen versteuern, gleichzeitig steht dem Onlinehändler aber auch ein Vorsteuerabzug aus genau diesem Erwerb zu, sodass im Ergebnis keine steuerliche Belastung entsteht. 

Lieferung des Onlinehändlers an den Kunden (Ausgangsseite)

Der Kunde ist hier eine Privatperson und der Kaufgegenstand gelangt von Deutschland in das übrige Gemeinschaftsgebiet bzw. EU-Ausland (hier Polen), weshalb für den Ort der Lieferung grundsätzlich § 3c Abs. 1 UStG Anwendung finden würde. Der Konjunktiv ist hier bewusst gewählt worden.

Es liegt hier nämlich ein Reihengeschäft vor und die ruhende Lieferung wird vom Onlinehändler an den Endkunden ausgeführt. Für ruhende Lieferungen gelten eigene Ortsbestimmungen, die in § 3 Abs. 7 S. 2 UStG geregelt sind.  

Daher ist der Ort der Lieferung nicht nach § 3c UStG, sondern nach § 3 Abs. 7 S. 2 UStG zu bestimmen. Die Lieferung des Onlinehändlers ist somit in Polen steuerbar, weil die ruhende Lieferung nach der bewegten Lieferung ausgeführt wird und das Bestimmungslandprinzip in diesem Fall Anwendung findet (§ 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 2 UStG). Entsprechend muss der Onlinehändler in Polen Umsatzsteuer abführen und sich damit auseinandersetzen, welcher polnische Steuersatz für diese Lieferung gilt.

Die Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung richtet sich dann ebenfalls nach ausländischem (hier: polnischem) Recht. Erneut folgt für den Onlinehändler aus diesem Umsatz eine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht in Polen.

Zwischenfazit: Dropshipping kann eine Menge Aufwand bei der Steuer verursachen

Kurz gesagt: Eine Menge steuerlicher Aufwand im EU-Ausland, den man eigentlich als Onlinehändler vermeiden möchte…

Exkurs – Was ist der Ort der Lieferung?
Der Ort der Lieferung ist der wichtigste umsatzsteuerliche Anknüpfungspunkt bei grenzüberschreitenden Lieferungen. Jede Lieferung von Euch hat einen Ort der Lieferung und muss immer konkret bestimmt werden. Warum ist der Ort der Lieferung so wesentlich? Je nachdem wo der Ort der Lieferung ist, sei er in Deutschland, Polen oder China, ändert sich steuerlich einiges. Der Ort der Lieferung sagt nämlich aus, wo Eure Lieferung umsatzsteuerlich hingehört, also etwa ob Ihr für die Lieferung deutsche Umsatzsteuer abzuführen habt und ob Ihr diese in einer deutschen Umsatzsteuer-Meldung ans deutsche Finanzamt melden müsst. Der Ort der Lieferung sagt ebenso aus, ob später die deutsche oder polnische Steuerfahndung vor der Tür steht, wenn Ihr steuerrechtlich etwas falsch gemacht habt. Kurz gesagt: Der Ort der Lieferung entscheidet darüber, ob es im Gefängnis Wasser und Graubrot oder chleb gibt. 

Dropshippingfälle und OSS / IOSS sind keine Freunde

Obwohl auf dem Papier ein Onlinehändler Ware an einen polnischen Endkunden verkauft, kann diese Lieferung nicht über den OSS gemeldet werden. Der alleinige Grund liegt darin, dass es sich um Dropshipping bzw. um ein Reihengeschäft handelt und der Onlinehändler eben grundsätzlich die unbewegte Lieferung ausführt. Die Ortsbestimmung für die unbewegte Lieferung richtet sich dann eben nicht nach § 3c Abs. 1 UStG (Türöffner für den OSS), sondern nach § 3 Abs. 7 S. 2 UStG

Logistisch gesehen, mögt Ihr als Onlinehändler bei Dropshipping daher fein raus sein. Allerdings drohen Euch dann umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtungen, überall dort wo Ihr Ware verkauft. Konkret heißt das, dass Ihr regelmäßig ausländische Umsatzsteuer in jedem Land abführen und erklären müsst, in welches Ihr Waren verkauft. Weil es sich hier um keine innergemeinschaftlichen Fernverkäufe handelt, gelten dann auch nicht die bekannten Umsatzschwellen (10.000 EUR). Jeder Verkauf beim Dropshipping löst also eine Registrierungspflicht im EU-Ausland inklusive regelmäßiger Umsatzsteuermeldungen aus. 

Leider könnt Ihr ausgerechnet beim Dropshipping als Onlinehändler in vielen Fällen den OSS / IOSS nicht nutzen, um solche umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtungen zu vermeiden bzw. einheitliche Umsatzsteuermeldungen abgeben zu können. 

Jetzt kommt aber ein großes ABER…Ihr könnt als Onlinehändler in bestimmten Konstellationen Dropshipping-Transaktionen doch über den OSS bzw. den IOSS melden. Wie das funktioniert und was Ihr dazu machen müsst, erklären wir Euch in einem separaten Artikel: Dropshipping & OSS / IOSS.

Wie könnt Ihr Dropshipping-Fälle erkennen?

Reihengeschäfte bzw. Dropshipping-Fälle sind in der Praxis nur schwer zu erkennen. Vielen Onlinehändlern sind die Besonderheiten von Dropshipping-Fällen für die Umsatzsteuer nicht bewusst. Im Zweifel wisst Ihr als Onlinehändler aber am besten, wie Eure Ware transportiert wird oder was sonst mit dieser passiert. 

Euer Steuerberater sollte die umsatzsteuerlichen Besonderheiten von Reihengeschäften kennen. Allerdings ist dieser oftmals mit falschen Rechnungen konfrontiert und sehr häufig liegen vor allem keine Transportunterlagen vor, die dem Steuerberater das Leben vereinfachen würden. Kurz gesagt: Reihengeschäfte sind hinsichtlich der Steuern vor allem ein Kommunikationsproblem. 

Checkliste zur Erkennung von Dropshipping

Nachfolgend geben wir Euch Merkmale an die Hand wie Ihr oder Euer Steuerberater Dropshipping-Fälle erkennen könnt:

  • Als Onlinehändler habt Ihr natürlich den besten Überblick über Eure Lieferstrukturen. Teilt Eurem Steuerberater daher mit, dass Ihr Ware regelmäßig verkauft, die Ihr nicht vorrätig habt und direkt vom Hersteller/Zulieferer an Eure Endkunden transportiert werden. 
  • Als Steuerberater: Sobald Ihr Eingangsrechnungen über Lieferungen seht, bei denen die  Rechnungsadresse nicht der Lieferadresse Eures Mandanten entspricht, sollten bei Euch die Alarmglocken angehen. Dies muss nicht zwangsläufig ein Reihengeschäft sein, ist aber zumindest schon mal ein sehr starkes Indiz. 

Beachte:

Kein Dropshipping liegt dagegen vor, wenn sich während dem Transportweg die Transportverantwortung ändert bzw. sich diese mehrere Personen teilen.
Beispiel: 
Der Lieferant transportiert die Ware vom deutschen Lager bis an die deutsche Grenze und übergibt die Ware an den Spediteur (beauftragt vom Onlinehändler) zum Weitertransport nach Polen zum Endkunden.

Fazit: Bei Dropshipping müsst Ihr immer die Steuer im Auge haben, im Inland wie im Ausland

Dropshipping-Fälle sind in der Praxis häufig nur schwer zu erkennen, sowohl für Onlinehändler als auch deren Steuerberater. 

In vielen Fällen drohen Onlinehändlern unschöne umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtungen immer dort, wo die Ware letztlich verkauft wird. Solche Registrierungsverpflichtungen könnt Ihr nur schwer vermeiden. Konkret kommt bei Dropshipping der OSS bzw. der IOSS ohne Weiteres nicht zur Anwendung, auf die Ausnahmen haben wir hingewiesen.

Wollt Ihr also logistisch unabhängig sein, was regelmäßig der Grund für Dropshipping ist, dann sollten Euch die umsatzsteuerlichen Risiken klar sein. Weiht Euren Steuerberater daher lieber vorab ein, falls Ihr Dropshipping nutzen wollt.

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