Handelsblatt Hive Innovation Tax & Finance Berlin: Make tax sexy again!

Make tax sexy again: Unter diesem Motto stand die Handelsblatt Hive Innovation Tax & Finance Konferenz in Berlin. Zahlreiche Vorträge und Diskussionen haben eins verdeutlicht: Die Steuer- und Finanzfunktion steht bereits heute vielfältigen (regulatorischen) Herausforderungen gegenüber – und das wird sich zukünftig auch nicht ändern. Mein persönliches Fazit nach zwei Tagen Konferenz: Wir müssen die Herausforderungen gemeinsam angehen und in die Umsetzung kommen!
Anna-Katharina Heidbuechel
Anna-Katharina Heidbuechel
  • 4 min. Lesezeit
Handelsblatt Hive Innovation Tax & Finance Berlin: Make tax sexy again!

Regulatorische Komplexität zunehmend, Fachkräfte abnehmend

Auch wenn das neue Konferenzformat ganz im Zeichen der Innovation der Steuer- und Finanzfunktion stand, durften auch die regulatorischen Themen nicht zu kurz kommen – denn diese haben bekanntermaßen einen bedeutenden Einfluss. Dr. Monika Wünnemann, Head of Tax and Finance beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), stellte zu Beginn eindrucksvoll dar, welche umfangreichen Compliance- und Reportingverpflichtungen heute schon bestehen und welche mittel- und kurzfristig auf die Unternehmen zukommen. 

Allen voran zu nennen ist hier aktuell DAC7, die Meldepflicht für digitale Plattformen, die zum 01.01.2023 in Kraft tritt und Betreiber elektronischer Plattformen vor die Herausforderung stellt, umfangreiche Informationen der auf ihrer Plattform tätigen Unternehmer aufzuzeichnen und in einem strukturierten Datenformat jährlich an die zuständigen Finanzbehörden zu melden. Doch damit nicht genug, denn auch DAC8 steht bereits in den Startlöchern. Die zunehmenden Reportingverpflichtungen stellen nur eine der vielfältigen Herausforderungen für die Steuer- und Finanzfunktion dar.  

Ein weiteres Problemfeld, das in den vergangenen zwei Tagen intensiv diskutiert wurde, war das Thema Fachkräftemangel im Steuerbereich und die Frage, welche Kompetenzen Steuerexperten – auch im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung – mitbringen müssen. 

Mein persönliches Fazit nach den zwei Tagen: Wir alle sind dafür zuständig, unseren Berufsstand attraktiver zu machen – und dabei reicht es nicht aus, dass wir definieren, welche Kompetenzprofile wir in der Steuer- und Finanzfunktion benötigen. Es liegt in unserer Verantwortung, diese Kompetenzprofile über eine aktive Beteiligung in Studiengängen und Weiterbildungsprogrammen mit zu prägen. Ebenso liegt es in den Händen des Berufsstands,  mit Nachdruck zu vermitteln, wie spannend und vielfältig die Betätigung im Steuer- und Finanzumfeld sein kann. 

Um die Steuer- und Finanzfunktion zielführend voranzubringen, müssen wir außerdem neue Denk- und Arbeitsweisen stärker leben und umsetzen. Aus meiner Sicht müssen wir hier neue Wege gehen und diese testen. Dominik Wellmann, Leiter Tax Technology, Systems & Processes bei Mercedes-Benz Group AG, brachte in die Diskussion ein, dass er ein Befürworter des “Fail fast Ansatzes” ist. Das kann ich nur unterstreichen! Im Bereich Steuern und Finanzen begegnen wir aktuell und zukünftig vielen Herausforderungen. Diese werden wir mit den herkömmlichen Methoden und Denkweisen nicht mehr bewältigen. 

Daher auch mein Plädoyer: Lasst uns neue Dinge ausprobieren, testen und feststellen, ob sie geeignet sind oder nicht. Wir werden bei neuen Herangehensweisen ziemlich schnell merken, ob sie für unsere Problemstellungen in der Steuer- und Finanzfunktion geeignet sind oder nicht. Und sollten wir mal in die falsche Richtung steuern, dürfen wir nicht in der Situation verharren, sondern müssen agil das Steuer in die Hand nehmen und die Richtung ändern. 

Doch dieser Transformationsprozess ist keine Einbahnstraße. Die Transformation muss nicht nur in der Steuer- und Finanzfunktion in den Unternehmen stattfinden sowie in den steuerberatenden Berufen, sondern auch in der Finanzverwaltung stattfinden. 

Transformation ist keine Einbahnstraße

Robert Hammerl, Partner bei VATgroup, verdeutlichte in seinem Vortrag, wo wir in Deutschland bei der Umsatzsteuer stehen, insbesondere im Bereich der (digitalen) Meldepflichten. In Deutschland bestehen die umsatzsteuerlichen Meldungen aus der Umsatzsteuervoranmeldung, Umsatzsteuerjahreserklärung, Zusammenfassende Meldung und der Intrastat-Meldung. Diese Meldungen müssen bei unterschiedlichen Behörden eingereicht werden. Zudem enthalten die Meldungen die Daten nur auf aggregierter Ebene. Das zusammen bildet keinen soliden Ausgangspunkt für zeitnahe Prüfungen seitens der Finanzverwaltung. 

In anderen Bereichen, wie zum Beispiel DAC7, sehen wir, dass umfangreiche Daten seitens der Finanzverwaltung angefordert werden. An vielen Stellen stellt sich allerdings die Frage, welche (digitalen) Erleichterungen es für Steuerpflichtige im Besteuerungsverfahren gibt. Oft gewinnt man den Eindruck, dass sich in erster Linie die Steuer- und Finanzfunktion auf Unternehmensseite mit der Digitalisierung befasst. Doch auch die Finanzverwaltung muss sich digitalisieren, denn die Frage des Fachkräftemangels beschäftigt nicht nur die Berater und Steuerpflichtigen, sondern im gleichen Maße die Verwaltung. 

Fazit 

Mein persönliches Fazit nach zwei Tagen Hive Innovation in Tax & Finance Konferenz: Die Herausforderungen sind vielfältig und liegen in völlig unterschiedlichen Bereichen. Auf viele Fragen gibt es (noch) keine perfekte Antwort. Aber wir werden die Antworten auch nicht finden, wenn wir nicht verschiedene Lösungen, Arbeitsweisen und Tools ausprobieren. Das Wichtige ist, dass wir alle auf dieser Reise mitnehmen müssen – und sich auch mitnehmen lassen: Die Unternehmen, die Steuerexperten der Zukunft und die Finanzverwaltung.

In diesem Sinne: Let’s make tax sexy again. 

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