DAC7: Neue Richtlinie für 33 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen im E-Commerce?

33 Mrd. Euro mehr an Steuereinnahmen im E-Commerce soll die DAC7-Richtlinie ab 2023 bringen. Das war kürzlich Gegenstand einer Rede im Bundestag. Wie sieht die Realität aus?
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 3 min. Lesezeit
DAC7: Neue Richtlinie für 33 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen im E-Commerce?

Wenn der Handel auf Amazon, eBay, Zalando & Co. endlich mal Thema im Bundestag ist, lohnt es sich genauer hinzuhören.

Ende September war das der Fall. Es ging dabei konkret um die weiterhin hohen Steuerausfälle im E-Commerce. Mit DAC7 wird zum 1.1.2023 eine Richtlinie der EU in nationales Recht aller EU-Staaten umgesetzt. Dabei werden bestimmte Plattformen in den Fokus gerückt, um u.a. für mehr Steuerehrlichkeit zu sorgen.

Wie soll das funktionieren?

DAC7 soll 33 Mrd. an Steuermehreinnahmen bringen! Wirklich?

Ab dem 1.1.2023 müssen die großen Plattformen im E-Commerce umfangreiche Informationen zu jeder über sie abgewickelten Transaktion aufzeichnen. Einmal pro Jahr müssen diese Informationen dann im Rahmen einer sogenannten Jahreserklärung (!) an die nationalen Finanzbehörden gemeldet werden.

Bis Finanzbehörden in Deutschland in der Lage sein werden, Daten in Echtzeit über APIs zu beziehen und anschließend strukturiert auszuwerten, wird das Metaverse – so wie Facebook jetzt – von unseren Eltern überlaufen sein.

Anonymer ehemaliger Finanzbeamter und Co-CEO eines Hamburger TaxTech

Neben den üblichen Transaktionsdaten gehören zu den meldepflichtigen Informationen auch die Rechnungsangaben und Informationen zur Zahlung.

Das klingt auf den ersten Blick sinnvoll, findet doch ein Großteil des Onlinehandels aktuell über die großen digitalen Gatekeeper wie z.B. Amazon statt.

33. Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen – insbesondere Umsatzsteuer – verspricht man sich EU-weit davon.

Was wurde denn genau gesagt und welche Bundestagsfraktion hatte die lustigsten oder peinlichsten Wortmeldungen?

Rede zum Onlinehandel im Bundestag im Wortlaut

Hier geht es zum genauen Wortlaut der Rede im Bundestag – inklusive der teilweise mehr und weniger qualifizierten Zwischenrufe, welche immer peinlich genau mitstenografiert werden.

Die Hoffnungen der Politik an die DAC-7-Richtlinie sind groß und 33. Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen sind eine Hausnummer. Ist das realistisch?

Meine Einschätzung: Gutes Gesetz, aber sehr wahrscheinlich mit Umsetzungsdefizit

Frei nach Bismarck: Mir sind gute Beamte und schlechte Gesetze lieber als das Gegenteil muss man sagen: Das Gesetz ist gut!

Das Problem wird die Umsetzung durch die Finanzverwaltung sein.

33 Mrd. Euro klingen ambitioniert. Das Ausmaß an Steuerhinterziehung im gesamten E-Commerce dürfte aber noch deutlich größer ausfallen. DAC7 spricht nur Plattformen einer gewissen Größe an, sodass ein bestimmter Anteil des E-Commerce weiterhin unter dem Radar fliegen dürfte.

Zudem muss man sagen: In Deutschland liegen der Finanzverwaltung diese Daten bereits seit 2019 (!) weitgehend auf dem Silbertablett vor. Im Rahmen der sogenannten Marktplatzhaftung müssen Amazon & Co. bereits seit fast vier Jahren umfangreiche Transaktionsdaten aufzeichnen und diese den Finanzbehörden auf Nachfrage bereitstellen.

Die Finanzverwaltung hat diese Daten nur selten bis nie abgerufen. Warum? Es fehlt an qualifiziertem Personal und Tools, um diese Massendaten strukturiert auswerten.

Da ich mir vorgenommen habe, in diesem Jahr mehr positive Vibes mit der Finanzverwaltung zu teilen: DAC7 ist definitiv ein gutes Gesetz. Jetzt brauchen wir nur noch die guten Leute, die es auch umsetzen und anwenden.

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