Betriebsprüfung und Onlinehandel: Lasst uns reden!

Kann Technologie und ein besseres Verständnis füreinander zu einem level playing field führen, wenn Betriebsprüfungen im Onlinehandel anstehen? Darüber will ich persönlich mit Beteiligten sprechen.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 4 min. Lesezeit
Betriebsprüfung und Onlinehandel: Lasst uns reden!

Dieser Artikel startet heute ausnahmsweise sehr persönlich und er endet mit etwas, das es für Steuerkanzleien mit Fokus E-Commerce so noch nicht gibt: ein offener, respektvoller, persönlicher und lehrreicher Austausch zu: Onlinehandel & Betriebsprüfung.

Aller Anfang und die Motivation

Der Anfang prägt uns! Das kann man auf fast alles beziehen – auch auf eine Karriere im Steuerrecht. Bei mir war es die Betriebsprüfung. Unmittelbar nach meinem Studium aufseiten der Finanzverwaltung begann ich – 22 Jahre jung – meine Laufbahn als Betriebsprüfer im wunderschönen Mecklenburg-Vorpommern.

Die Stimmung bzw. die Fronten zwischen Finanzbehörden und Steuerkanzleien waren damals recht verhärtet. Es kam hinzu, dass mein damaliger Sachgebietsleiter und meine Kollegen mich wohl für etwas überambitioniert hielten und mich sogleich ohne Begleitung eines erfahrenen Kollegen eine Steuerkanzlei prüfen ließen – ein Affront für die Kanzlei und vermutlich die erste Prüfung einer Steuerkanzlei in diesem Bezirk ever!

Der Kanzleiinhaber ließ mich auch vollständig auflaufen: Anstelle von Kontoauszügen, Summen-und-Salden-Listen, …. stellte er mir Umzugskartons mit tausenden Kontenblättern vor die Füße.

Nach dieser Prüfung – die ich ohne Mehrergebnis abschloss – war mir klar: Wenn ich meine Karriere weiterhin im Steuerrecht verbringen will, dann nicht, um Bestandteil eines Dauerkonfliktes zu sein.

Denn, wozu sind Steuern, sind das Steuerrecht da? Ganz einfach!

§ 3 Abs. 1 Abgabenordnung: Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, (...)
  • Sollte also die Erhebung von Steuern einem Selbstzweck dienen?
  • Sollte sich ein Betriebsprüfer freuen, wenn er jede Prüfung mit einem signifikanten Mehrergebnis beendet?
  • Sollte eine Steuerkanzlei eine Prüfung wie eine Abwehrschlacht organisieren?

Auch wenn unser Steuerrecht bisweilen den Gipfel an Komplexität darstellt; im Kern gibt es einige wenige Grundsätze – man kann sie auch Werte nennen – die uns als Leitplanken dienen sollten.

Zwei kluge Grundsätze bzw. Werte: Gleichmäßigkeit & Mitwirkung

Mein damaliger Dozent für Abgabenrecht stellte uns damals die Abgabenordnung (AO) als das Grundgesetz des Steuerrechts vor und begann mit dem § 85 AO, der ebenso einfach, elegant als auch vielschichtig ist.

Im Kern sagt er nichts anderes als: Die Finanzbehörden haben dafür zu sorgen, dass Steuern gerecht erhoben werden. Was für eine gewaltige und verantwortungsvolle Aufgabe!

§ 85 Abhabenordnung: Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

Für die sogenannten Beteiligten, also u.a. die Unternehmen selbst sagt § 90 Abs. 1 AO: sei transparent/ehrlich … dann wird (fast immer) alles gut!

§ 90 Abs. 1 Abgabenordnung: Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Ein Anspruch, der gerade im Onlinehandel, mit einer Vielzahl an automatisieren Prozessen, unzähligen Vorsystemen, immensen Datensätzen aus verschiedensten Rohdatenquellen, nicht nur die Unternehmen, ihre Steuerkanzleien, sondern auch die Finanzverwaltung vor enorme Herausforderungen stellt.

Das ist es aber, was uns antreibt: Mittels Technologie Transparenz und durch Transparenz ein level playing field zu schaffen, um Steuern sicher und ohne die Verschwendung von Zeit/Ressourcen für alle Beteiligten festsetzen zu können.

Daher sollten wir miteinander reden und voneinander lernen.

Miteinander reden, sprechen, schnacken …. über Betriebsprüfung und mehr

Wenn alle nur über ihre Herausforderungen schreiben, ist das ein Anfang, aber es braucht mehr. Ich freue mich daher, dass ich mich am 12.09.2023 persönlich mit Daniel Denker austauschen darf, in: Auf einen Schnack mit Dr. Roger Gothmann. Wer Daniel noch nicht kennt, dem sei vorab dieser Artikel empfohlen.

Ihr habt hier die einmalige Gelegenheit: Eure Fragen, Ideen, Feedback, … vorab an Daniel zu stellen. Postet diese gerne direkt in die Kommentare. Ich werde sie am 12.09.23 mit Daniel diskutieren – und ihr könnt live zuhören, oder euch auch selbst beteiligen.

Wie es nach diesem ersten Schritt weitergehen wird, werden wir dann live am 12.09. erklären. Bis dann!

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