Betriebsprüfung und Betriebsprüfer in der digitalen Welt – Teil I

Betriebsprüfung und digitale Geschäftsmodelle: Viel wurde dazu schon geschrieben. Doch wer sind eigentlich diese Betriebsprüfer und wie ticken sie? Einer der wenigen Prüfer, die sich auf E-Commerce & Co. spezialisiert haben, gibt hier ab sofort regelmäßig Einblicke und Antworten.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 6 min. Lesezeit
Betriebsprüfung und Betriebsprüfer in der digitalen Welt – Teil I

Bevor ich an dieser Stelle gleich das Wort an jemanden übergebe, den ich schon lange kenne und schätze, will ich diesen und alle bald folgenden Artikel aus der hier heute beginnenden Reihe zur Betriebsprüfung noch etwas einordnen.
Mitte der 2000er Jahre habe ich selbst meine Karriere als Betriebsprüfer aufseiten der Finanzverwaltung gestartet. Diese Jahre haben mich geprägt und vieles von dem, was ich dabei gelernt und erfahren habe, findet sich bewusst und sicher auch unbewusst bei Taxdoo wieder.

Daher ist es mir ein persönliches Anliegen, dass wir die Möglichkeit hier nutzen, um Finanzverwaltung, Steuerkanzleien und E-Commerce auch auf einer persönlichen Ebene zusammenzubringen.

Vorurteile, Ängste, Bedenken, … baut man am besten dadurch ab, dass man miteinander spricht, einander zuhört und dabei versteht, wie die anderen ticken.

Nun sind es genug der Worte und ich überlasse Daniel Denker die Bühne. Natürlich gilt bei allem, was ihr hier lesen und sehen werdet: Daniel verfasst all das in nicht-dienstlicher Eigenschaft.

Meine persönliche Reise: Betriebsprüfung in einer zunehmend digitalen Welt

Liebe Leserinnen und Leser,

ich freue mich, euch in diesem und den folgenden Blogbeiträgen einen Einblick in meine berufliche Reise als Betriebsprüfer und Dozent im Steuerrecht zu geben, insbesondere im Kontext der digitalen Welt.

Der Weg zum Betriebsprüfer für digitale Geschäftsmodelle

Mein Name ist Daniel Denker, und meine berufliche Laufbahn begann nach meinem Abschluss als Diplom-Finanzwirt (FH) klassisch in einem Finanzamt. Ich hatte das Privileg, gleich als Leiter der Anmeldesteuerstelle (Umsatzsteuer) eingesetzt zu werden. Das heißt, ich war das Bindeglied zwischen dem Innendienst (Umsatzsteuer-Voranmeldungen) und den Umsatzsteuer-Sonderprüfern. Sofort entdeckte ich meine Faszination für die Umsatzsteuer, was auch später ein ausschlaggebender Punkt für den Fokus auf digitale Unternehmen war. Parallel habe ich ein berufsbegleitendes Taxmaster-Studium (M.A. Taxation) an der Universität Freiburg absolviert.

Im Anschluss daran habe ich das Steuerberaterexamen erfolgreich abgelegt. Ich blieb der Finanzverwaltung jedoch treu. Die Betriebsprüfung war in der Finanzverwaltung von Anfang an mein Ziel. Der Blick hinter die Zahlen und die Möglichkeit, Menschen und Betriebe unterschiedlicher Branchen näher kennenzulernen sowie der Austausch mit anderen Experten, reizte mich sehr.

Daniel Denker auf dem Taxdoo Innovation Summit 2023 zum Thema: Betriebsprüfung & E-Commerce

Als ich 2018 als Betriebsprüfer in der niedersächsischen Finanzverwaltung eingesetzt wurde, bekam ich gleich die Gelegenheit, tief in die Steuerpraxis verschiedenster Unternehmen einzutauchen. Diese Erfahrungen ermöglichten mir einen umfassenden Einblick in die steuerlichen Herausforderungen, denen Unternehmen ausgesetzt sind. Durch meine Dozenten- und Referententätigkeiten hatte ich immer die Gelegenheit mich austauschen: Der Blick über den Tellerrand ist Gold wert.

Nachdem ich unterschiedliche Branchen kennengelernt habe, wurde es Zeit sich auf bestimmte Branchen zu fokussieren. Die digitale Welt und die rasante Entwicklung des E-Commerce-Sektors fand ich besonders spannend. Daher entschied ich mich, meinen beruflichen Fokus auf digitale Unternehmen zu legen, insbesondere auf den Onlinehandel. Ich erkannte, dass die steuerlichen Anforderungen in dieser Branche oft äußerst spezifisch sind und eine innovative Herangehensweise erfordern.

Noch nie eine Betriebsprüfung bei E-Commerce-Mandanten?

Ich stellte aber auch fest: Der Bereich des E-Commerce war und ist bis heute teilweise noch recht unentdeckt. Deswegen überraschte es mich auch nicht, dass mir einige teilnehmenden Steuerberater nach meinem Vortrag im Rahmen des Taxdoo Innovation Summits 2023 mitteilten, dass sie noch nie eine Betriebsprüfung bei ihren digitalen Mandanten hatten.

Steuerliche Fragestellungen und allgemeiner Schwerpunkt in den Betriebsprüfungen

Der E-Commerce-Sektor hat in den letzten Jahren – nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie – ein beeindruckendes Wachstum verzeichnet. Mit der zunehmenden Digitalisierung sind Online-Verkäufe zu einem wichtigen Bestandteil der Wirtschaft geworden. Diese Entwicklung hat jedoch auch zu einer Vielzahl von steuerlichen Fragestellungen geführt, die es zu bewältigen gilt. Häufig handelt es sich aber auch um sog. Mischbetriebe. Influencer, die zum Beispiel eine Eigenmarke und dann ein eigenes Shopsystem aufgebaut haben, über welches sie Produkte und Waren verkaufen. Aber auch das Angebot an elektronischen Dienstleistungen hat zugenommen.

Umsatzsteuer ist mein Steckenpferd

Umsatzsteuer war immer mein Steckenpferd. Und eine der größten Herausforderungen im E-Commerce ist ja nun mal die korrekte umsatzsteuerliche Behandlung. Hier zeigt die Erfahrung, dass es weniger um Gestaltung, sondern viel mehr um Risikoabwehr geht. Ein Fehler in der Umsatzsteuer kann sehr teuer werden, insbesondere wenn es sich um Massenverfahren handelt. Aufgrund der grenzüberschreitenden Natur des Onlinehandels müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die geltenden Steuergesetze in verschiedenen Ländern einhalten. Dies erfordert für die Berater und Unternehmen nicht nur eine genaue Kenntnis der nationalen und ggf. internationalen Steuervorschriften, sondern auch eine effiziente Verwaltung der steuerlichen Prozesse. Auch wenn Verfahren wie der One-Stop-Shop (OSS) etabliert sind, passieren weiterhin Fehler.

Nicht jedem ist bewusst, dass beim Dropshipping das OSS-Verfahren unter Umständen nicht angewendet werden kann und Registrierungs- und Zahlungspflichten im steuerlichen Ausland drohen können.

Für eine Überprüfung der steuerlichen Sachverhalte von digitalen Unternehmen benötigt man neben den steuerrechtlichen Kenntnissen, die von spezifischen (z.B. umsatzsteuerliche Fragestellungen zum § 3c UStG, § 6a UStG etc.) bis hin zu allgemeinen Themen (z.B. vGA bei einer GmbH, Holdingstrukturen) reichen. Da ich nicht als Umsatzsteuer-Sonderprüfung tätig bin, stellt die Umsatzsteuer zwar einen Schwerpunkt der Prüfung dar, jedoch ist sie nicht die einzige Steuerart, die geprüft wird. Auch die ertragsteuerliche Überprüfung von Umstrukturierungen und Gesellschaftsverhältnisse sowie laufende Betriebsausgaben etc. werden auf steuerliche Richtigkeit überprüft. In einem großen Fall ging es sogar um einen sehr teuren Fehler im Bereich der Schenkungsteuer.

Das A und O in der Betriebsprüfung

Welche Kompetenzen benötigt man über die Fachkenntnisse hinaus?

Kommunikation ist das A und O in der Betriebsprüfung. Erfahrungen austauschen und steuerrechtliche Themen konstruktiv diskutieren, so sieht der Alltag in der Betriebsprüfung aus. Das Ziel ist es, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Auch wenn dies leider nicht immer möglich ist, zeigt die Erfahrung, dass sich in den allermeisten Fällen ohne anschließende und langjährige Rechtsbehelfsverfahren geeinigt wird.

Wie geht ein Prüfer allgemein vor? Wie ist der Status Quo der Betriebsprüfung?

In den kommenden Blogbeiträgen werde ich euch regelmäßig über den aktuellen Stand der Betriebsprüfung informieren. Besonders im Fokus stehen dabei Entwicklungen im Bereich der digitalen Unternehmen, wie Onlinehändler und Influencer & Co. Ich werde daher auch auf die Themen Auskunftsersuchen, Kontrollverfahren/Kontrollmitteilungen, Auswirkungen des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes, Diskussionen über Power BI sowie die Modernisierung der Betriebsprüfung durch das DAC7-Umsetzungsgesetz eingehen.

Ich freue mich darauf, mein Wissen und meine Erfahrungen mit euch zu teilen und euch Einblicke in die Welt der steuerlichen Betriebsprüfung zu ermöglichen.

*Dieser Blogpost wurde in nicht-dienstlicher Eigenschaft erstellt.

3 Kommentare

    Hallo Herr Denker,
    ich frage mich schon lange, wie bei Amazon Händlern der Belegnachweis bei Ausfuhr- und innergemeinschaftlichen Lieferungen geführt werden soll. Von Amazon bekommt man ja nichts. Soweit ich weiß auch keine Zolldokumente, die die Ausfuhr bestätigen. Wie kann das rechtssicher dokumentiert werden? Ansonsten könnte der Prüfer bei allen Ausfuhr- und ig Lieferungen einfach 19 % deutsche USt draufrechnen und hätte sein Mehrergebnis?
    Vielen Dank für die Antwort.

    Lieber Patrick,

    vielen Dank für Deine Frage. Wir sammeln diese und werden in sie Form eines persönlichen Interviews dann mit Daniel Denker besprechen. Vielleicht nehmen wir auch ein paar Themen daraus für den Taxdoo Innovation Summit 2024 am 13.06.2024.

    Viele Grüße
    Roger

    Way cool! Some extremely valid points! I appreciate you writing this article and also the
    rest of the website is also very good.

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