Krypto ist out! Mit Umsatzsteuerbetrug wird man noch schneller zum Milliardär.

2,2 Milliarden Euro an Umsatzsteuer hat eine kriminelle Organisation über mehrere EU-Staaten hinterzogen. Diese Zahl veröffentlichte das EPPO – eine supranationale Organisation, welche von 22 der insgesamt 27 Mitgliedstaaten der EU getragen wird, um u.a. den Umsatzsteuerbetrug grenzüberschreitend zu bekämpfen – am 29.11.2022.

Um diese Zahl einmal in Relation zu setzen: Das Erbschaftssteueraufkommen in Deutschland betrug im Jahre 2021 laut Statista 9,82 Milliarden Euro.

Wie kann es einer einzigen Bande gelingen, eine so irrsinnig hohe Summe zu hinterziehen? (rhetorische Frage!)

Das Fatale daran ist, dass die EU-Kommission davon ausgeht, dass das jährliche Betrugsvolumen in der gesamten EU in etwa 25-mal so hoch ist. Dahinter stecken insbesondere Betrugsmodelle, die weithin als Karussellgeschäfte bekannt sind.

Umsatzsteuerbetrug & Karusselle?

Umsatzsteuer-Karussellgeschäfte klingen auf den ersten Blick niedlich. Dahinter verbirgt sich jedoch ein perfides Betrugsmodell, welches die größte Schwäche des EU-Umsatzsteuerrechts gnadenlos ausnutzt.

Vereinfacht gesagt steckt dahinter ein realer – manchmal auch fingierter – grenzüberschreitender Leistungsaustausch zwischen mehreren Unternehmen (Lieferkette). Dabei entsteht im Rahmen dieser Lieferkette sowohl Umsatzsteuer als auch abzugsfähige Vorsteuer. Während die Vorsteuer beim Finanzamt angefordert und erstattet wird, wird die Umsatzsteuer nicht abgeführt. Den Begriff Karussell trägt dieses Konstrukt, weil die Beteiligten diese Lieferkette untereinander mehrfach zirkulieren lassen.

Durch den grenzüberschreitenden Aspekt wird die Verfolgung durch die Finanzbehörden deutlich erschwert und vor allem verlangsamt, sodass sich das Karussell mehrfach drehen kann, bis die kriminellen Banden wegen der Entdeckungsgefahr zum nächsten Jahrmarkt ziehen müssen.

Ist es schon eine Herausforderung für Finanzbehörden innerhalb Deutschlands, Daten untereinander auszutauschen, so kann man getrost von einer Herkulesaufgabe sprechen, sobald Grenzen innerhalb der EU hinzukommen.

Spannend wie ein Krimi: Protokoll einer Anhörung im Bundestag zum Umsatzsteuerbetrug / Umsatzsteuer-Karusselle

Wer sich einen umfassenden Überblick darüber verschaffen will, warum wir noch immer so schwerfällig bei der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs sind, dem sei dieses Protokoll zu einer Anhörung im Bundestag aus dem Jahr 2020 empfohlen

Es kommen dort viele Beteiligte auf Seiten der EU, der internationalen und nationalen Finanzbehörden und auch des Gesetzgebers zu Wort. Das Ganze liest sich fast wie ein Krimi und ist äußerst fundiert.

Fazit: Fokus schärfen!

Entstehen Haushaltslöcher, sind wir schnell dabei, Steuern zu erhöhen und gar neue Steuerarten (z.B. Übergewinnsteuer) einzuführen.

Das oben genannte Beispiel verdeutlicht, dass wir das nicht müssen. Wir sollten unseren Fokus darauf lenken, bestehende Steuern effizienter zu erheben und Steuerbetrug zu bekämpfen. So tragisch und asozial prominente Fälle der Steuerhinterziehung im Fußball oder der Sterneküche sind, die Musik spielt ganz woanders.

Das besagt u.a. auch der zentrale Grundsatz unserer Abgabenordnung in § 85 AO.

§ 85 Besteuerungsgrundsätze
Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

Dafür müssen wir nicht auf die KI-basierte Blockchain-Lösung warten, bei der wir nur noch den Schalter umlegen müssen. Die Daten, die wir dazu brauchen, liegen nicht nur um Onlinehandel bereit. Der Ball liegt bei der Finanzverwaltung, diese effizient auszuwerten.

Wenn jedoch z.B. in vielen Finanzämtern digital eingereichte Umsatzsteuer-Voranmeldungen und dazugehörige Rechnungen für die weitere Bearbeitung wieder ausgedruckt werden müssen, bewegen wir uns aktuell eher rückwärts.