Amazon, bitte passt Eure Rechnungen an, damit Händler nicht in eine Vorsteuerfalle laufen!

Amazon hat die Abrechnung der Gebühren ab August umgestellt und lässt Händler damit in eine Falle laufen.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 3min. Lesezeit
Amazon, bitte passt Eure Rechnungen an, damit Händler nicht in eine Vorsteuerfalle laufen!

Amazon hat ab August 2024 die Abrechnung vieler Gebühren umgestellt. Wir hatten dazu bereits ausführlich berichtet – siehe hier. Die Zusammenfassung lautet: Ab August 2024 werden deutlich weniger Gebühren mittels Reverse-Charge abgerechnet, sondern mit Umsatzsteuer.

Nun trudeln gerade die ersten Rechnungen im Seller Central für diese Gebühren ein. Mein Betriebsprüferherz schlägt dabei aus, denn leider sind diese Rechnungen nicht ordnungsgemäß im Sinne des Umsatzsteuerrechts.

Schauen wir uns einmal eine dieser Amazon-Rechnungen an.

Amazon Rechnungen mit Umsatzsteuer und ohne “ordnungsgemäß”

Auf den ersten Blick fällt auf, dass Amazon mit 19 Prozent deutscher Umsatzsteuer abrechnet. So weit, so gut.

Allerdings laufen nun viele Amazon-Händler Gefahr, dass das Finanzamt ihnen die Erstattung dieser Umsatzsteuer (= Vorsteuer) versagt. Warum?

Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (aus Amazon-Rechnungen)

Das Gesetz ist hier recht klar.

§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt.

Ihr lest es hier: Eine der Voraussetzungen ist, dass man über eine Rechnung im Sinne § 14 UStG verfügt.

Jetzt werdet Ihr sagen: Roger, du hast doch gerade selbst die Rechnung eines Amazon-Händlers gepostet. Worauf willst du hinaus? Komm bitte auf den Punkt!

Hier ist der Punkt: Rechnungspflichtangaben fehlen

Genau! Es fehlen wichtige Angaben, die eine Rechnung zwingend enthalten muss. Wer das Ganze vertiefen will, macht das in diesem Klassiker.

Was fehlt denn nun auf den neuen Amazon-Rechnungen? Der Leistungszeitraum!

Der leistende Unternehmer ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Leistung dazustellen (§ 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG).

Jetzt könnte man sagen: Moment! Da steht doch ein Rechnungsdatum. Könnte das nicht auch der Zeitpunkt der Leitung sein? Die Antwort lautet: Nein! Amazon hat hier über einen Monat zahlreiche – für sich genommene selbständige – Leistungen erbracht. Hier sollte daher zwingend der Zeitraum und der Zeitpunkt der einzelnen Leistungen stehen – und bitte noch der Verweis auf eine Einzelaufstellung.

Was kann man machen, wenn Amazon den Fehler nicht korrigiert?

Säße ich in der Schlussbesprechung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung oder Betriebsprüfung und würde mit dem Prüfer und vielleicht sogar dessen anwesenden Sachgebietsleiter (SGL) für und mit euch ringen, sähe das wie folgt aus.

Niemand – auch nicht das Gesetz – verlangt, dass sämtliche Rechnungspflichtangaben unmittelbar in der Rechnung stehen. Diese können sich auch in weiteren Dokumenten finden lassen. Im Fall der Gebühren z.B. im sogenannten Amazon Settlement-Report. Dort lässt sich genau der Tag der einzelnen Leistung finden.

Allerdings müssten wir dann gemeinsam hoffen, dass der Prüfer (oder sein SGL) nicht anbringt, dass es ja gar keine Verbindung von der Rechnung zum Settlement-Report und von dort zur einzelnen Gebühr gibt. In dem Fall müssten wir uns schon sehr verbiegen, um hier weiterhin kraftvoll zu argumentieren.

Viel besser wäre: Amazon stellt partnerschaftlich (rückwirkend) korrekte Rechnungen aus. Bitte.

Auf jeden Fall habe ich das Thema in meine aktuellen Seminare an der Schnittstelle von Umsatzsteuer und E-Commerce aufgenommen.

Vorsteuerfalle Amazon

Eine etwas andere Vorsteuerfalle Amazon findet ihr hier. Dabei geht es um Einkäufe für euer Unternehmen bzw. eure Steuerkanzlei auf Amazon und die Gefahr, dass die Rechnung falsch sind bzw. die darin ausgewiesene Umsatzsteuer (= Vorsteuer).

Update vom 13.10.2024

Es scheint, dass Amazon das Problem mittlerweile gelöst hat – mehr dazu hier.

23 Kommentare

    Wer hat denn schon korrigierte Rechnungen erfolgreich eingefordert?

    Moin Sebastian,

    wir haben das Thema bei Amazon platziert und man hat uns versprochen, dass sie das intern besprechen.

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

    In der Übersicht im SellerCentral, kurz bevor man auf den Link zum Download einer RE klickt, ist der Leistungszeitraum vom 1. August bis 31. August angegeben. Aber halt nur in dieser Übersicht, den könnte man sich zur Sicherheit auch mal als Screenshot abspeichern.

    Moin Robin,

    ja, guter Hinweis! Das ist erstmal besser als nichts.

    Liebe Grüße
    Roger Gothmann

    Moin,
    wir haben jetzt teilweise Rechnungen von der Amazon EU in DE mit USt-ID DE und Steuer 19% für Juli 2024 erhalten. Ist das bei noch jemanden der Fall? Kann nicht damit zusammenhängen, dass wir als neuer Verkäufer oder so geführt werden. Verkauf erfolgt schon lange mit FBA über Amazon.

    Moin aus Hamburg,

    die 19 Prozent deutsche Umsatzsteuer sind ja richtig – seit 08/2024: siehe hier.

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

    Moin,

    seit 01.08.2024 sind es 19%, ich habe aber Rechnungen für Juli 2024 mit 19% USt von Amazon.

    Moin aus Hamburg,

    die Werbekosten werden schon seit einigen Jahren mit 19 Prozent deutscher Umsatzsteuer abgerechnet. Betrifft es vielleicht diese?

    Herzliche Grüße
    Roger Gothmann

    Moin,

    Juli Rechnungen mit 19% USt auf Versand, Verkaufsgebühren etc. für diverse Marktplätze. Meine USt-ID ist schon immer eingetragen und somit nicht falsch.

    Moin Paula,

    das ist spannend, da vor dem 1.8.2024 diese Gebühren eigentlich ohne Umsatzsteuer abgerechnet werden müssten. Hast Du denn eine deutsche UStID hinterlegt?

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

    Moin,
    auch ein Mandant hat Rechnungen über Versandgebühren mit Rechnungsdatum 31.7.2024 erhalten. Hier ein Auszug einer e-mail, die bezüglich dieser Rechnungen am 20.9.24 an den Mandanten geschickt wurde:

    “Betreff: Ihr Dokument Rechnung Versand durch Amazon von Amazon.de für 7.2024
    Guten Tag XXXXXXXXXXXX!
    Wir möchten Sie darüber informieren, dass Ihr elektronisches Dokument Rechnung Versand durch Amazon für 7.2024 ab sofort in Ihrem Seller Central-Konto verfügbar ist.”

    Liebe Frau Ernst,

    vielen Dank für diesen Hinweis!

    Diese Rechnung sollte noch unter Reverse-Charge laufen, da die Umstellung erst zum 1.8.2024 erfolgte. Oder reden wir gerade aneinander vorbei?

    Herzliche Grüße
    Roger Gothmann

    Moin, da ich eben die anderen Kommentare gelesen habe, wir haben auch diesem Monat neue Rechnungen für 07/2024 (Rechnungsdatum 31/07/2024) mit 19% USt. erhalten für “Gebühren für Verkaufen bei Amazon” sowie für “Gebühren im Zusammenhang mit “Versand durch Amazon””. Sind jedoch kleinere Rechnungen <50€ jeweils.
    Aber sehr komisch das ganze, vor allem weil diese erst über einen Monat später erstellt wurden, als die normalen Rechnungen für 07/2024.

    Viele Grüße
    Philipp

    Moin Philipp,

    besten Dank dafür!

    Das 31-07-Phänomen haben wir auch schon identifiziert. Es sieht so aus, dass es hier u.a. Verschiebungen in der Zeitzone gibt. Warum das so ist, klären wir gerade.

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

    Warum müssen wir bei einem Weltkonzern hinter korrekten Rechnungen herbetteln.
    Als Händler hat man keinen Einfluß auf die Rechnungsstellung bei Amazon und auch keine Möglichkeit Geld zurückzuhalten bis die Rechnungen korrekt ausgestellt sind.

    Hier wäre das Finanzamt gefordert oder eine andere staatliche Stelle.

    Moin Herr Stolle,

    ja, das zeigt, wie komplex das Thema ist. Amazon hat fast sämtliche Big4 mandatiert und weitere Umsatzsteuer-Spezialkanzleien. Dennoch versagt man bei einer simplen Rechnung. Ich denke aber, dass man bald einlenken wird.

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

    Hallo Herr Gothmann,

    gerade trudelt die erste Rechnung für September 2024 (Amazon.com.be) ein. Leider fehlt noch immer der Leistungszeitraum. Ich denke, Sie werden den “leistenden Unternehmer” etwas härter anfassen müssen.
    Herzlichen Dank dafür.

    Mit herzlichen Grüßen

    Detlef Otten

    Lieber Herr Otten,

    besten Dank für die Rückmeldung!

    Ich bin dran.

    Herzliche Grüße
    Roger Gothmann

    Lieber Herr Dr. Gothmann

    Abgesehen vom fehlenden Zeitraum auf den Rechnungen haben wir folgendes Problem identifiziert (wir nutzen ausschließlich das FBA Programm):

    Die von Amazon zur Verfügung gestellte Rechnung beinhaltet lediglich die “Commission Fee”, also die Verkaufsgebühr. Hier wird bekanntlich seit dem 01.08.2024 auch die 19% MwSt. ausgewiesen.

    Was aus unserer Sicht allerdings fehlt ist eine VAT-Rechnung für die “FBAPerUnitFulfillmentFee” = “Gebühr für Versand durch Amazon”.

    Im Settlement Report können die seit dem 01.08.2024 erhobenen MwSt. Sätze für die einzelnen Amazon Dienstleistungen (z.B. FBAInboundTransportationFee oder Storage Fee etc.) ermittelt werden, diese werden aber nicht in einer Rechnung von Amazon zur Verfügung gestellt.

    Hat hier jemand die selbe Erfahrung gemacht? Konnte hier jemand eine Lösung finden?

    Leider hat uns Amazon auf die Problematik bisher nicht geantwortet.

    Viele Grüße,

    Stefan H.

    Hallo Herr Gothmann,

    Die letzten Rechnung von Amazon haben nun die Angabe des Leistungszeitraumes (Rechnungszeitraum: 01/09/2024 to 30/09/2024)
    Herzlichen Dank dafür.

    Mit herzlichen Grüßen
    Henrik Leonhardt

    Moin aus Hamburg!

    Klasse! Das freut mich wirklich sehr.

    Besten Dank für die Rückmeldung!
    Roger Gothmann

    Es gibt jetzt wirklich schon fast perfide Erlebnisse. Ich und auch drei weitere relativ große Seller aus meinem Netzwerk (komplett in Deutschland verteilt, kleine Gemeinden, aber auch größere Städte), wurden alle unabhängig voneinander vom Finanzamt aufgefordert, die Amazon-Rechnungen über die Gebühren vom August 2024 zu übermitteln.

    Bei allen besteht ja das Problem, dass diese Rechnungen nicht gültig sind. Das Finanzamt scheint davon Wind bekommen zu haben und weiß scheinbar ganz genau, dass diese Rechnungen nicht korrekt sind!

    Absoluter Wahnsinn. Ein Schelm wer Böses denkt…

    Moin Johan,

    die lesen hier natürlich mit – siehe hier.

    Wenn die den Händlern aber wirklich den Vorsteuerabzug streichen, dann werde ich etwas unternehmen. Das wäre mehr als ungerecht. Vielleicht könnt ihr mir die entsprechenden Bescheide einmal zukommen lassen: roger@taxdoo.com.

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

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