Amazon erhöht die finanziellen Anreize für CEE (Polen und Tschechien) drastisch – wenn nur die Umsatzsteuer nicht wäre

Amazon erhöht die finanziellen Anreize für die Lagerung in Polen und Tschechien (CEE) massiv; wenn nur die Umsatzsteuer nicht wäre. Ein kühler Kopf und strukturiertes Vorgehen lohnen sich daher.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 5 min. Lesezeit
Amazon erhöht die finanziellen Anreize für CEE (Polen und Tschechien) drastisch – wenn nur die Umsatzsteuer nicht wäre

Amazon erhöht die Ersparnis für Händler, die am CEE-Programm – also der Lagerung ihrer Waren in Polen und Tschechien – teilnehmen, drastisch.

Die Ersparnis steigt von 25 Cent pro Einheit auf bis zu 75 Cent pro Einheit. Händler können im Rahmen dieser Aktion bis zu 20.000 Euro zusätzlich zur bisherigen Amazon CEE Aktion sparen.

Das Ganze hat allerdings ein paar Haken, die wir uns jetzt anschauen.

Amazon CEE: Finanzielle Anreize für die Lagerung in PL und CZ

Die Logistik-Strukturen von Amazon sind begehrt und platzen aus allen Nähten, weil insbesondere Dritthändler das sogenannte Fulfillment by Amazon (FBA) noch immer stark nachfragen. Aus diesem Grund ist Amazon bereits vor einigen Jahren mit riesigen FBA-Centren nach Polen (PL) und Tschechien (CZ) ausgewichen.

Amazon kann die Produkte der Händler jedoch nicht einfach selbst in die beiden Nachbarländer verlagern, sondern benötigt immer Eure Erlaubnis dafür.

Warum solltet Ihr Amazon diese Erlaubnis erteilen? Das hat sich auch Amazon selbst gefragt und hat daher schon sehr früh einen finanziellen Anreiz eingeführt. Dieser erfolgt in Form einer FBA-Gebührenersparnis. Seit dem 1. April 2022 beträgt diese 25 Cent pro Einheit.

Im folgenden Auszug aus dem Amazon Seller Central findet Ihr eine Beispielrechnung, welche Euch die Ersparnis vor Augen führt – bei vielen ist das ein vier- bis fünfstelliger Betrag im Monat.

Ob Amazon nach der Aktivierung des CEE-Programms nun Euren gesamten Warenbestand nach Polen und Tschechien verlagert, oder nur Teile davon, bleibt das ewige Geheimnis des Amazon-Logistik-Algorithmus. Auf jeden Fall erhaltet Ihr diese Ersparnis für alle Einheiten im FBA-Bestand – egal, ob diese in Polen, Tschechien oder weiterhin in Deutschland lagern.

Diesen Anreiz verstärkt Amazon jetzt noch befristet.

Amazon CEE Aktion: Zusätzliche Ersparnis von bis zu 20.000 Euro

Scheinbar muss Amazon noch zusätzliche freie Logistik-Kapazitäten in Deutschland schaffen, sodass der große digitale Gatekeeper die finanziellen Anreize temporär drastisch erhöht.

Händler können zeitlich befristet zusätzlich zur Ersparnis von 25 Cent pro FBA-Einheit jetzt noch 50 Cent extra – maximal bis zu 20.000 Euro – an FBA-Gebühren sparen.

Wer jetzt denkt, dass man die 20.000 Euro mal so einfach im Vorbeigehen mitnehmen kann, sollte immer an DEN einen Spruch denken: There is no free lunch (in tax)!

Aber es besteht Hoffnung.

Nicht übereilig die Lagerhaltung in PL und CZ freischalten!

Warum solltet Ihr nicht voreilig die Lagerhaltung in Polen und Tschechien freischalten?

Die Antwort ist einfach: Sobald Ihr das macht, lagert Amazon Teile Eures Warenbestandes in diese beiden mitteleuropäischen Staaten um. Dafür müsst Ihr unbedingt vorher eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UStID) in diesen beiden Staaten haben. Warum?

Die Antwort ist so einfach wie komplex. Hier folgt zunächst die Kurzform: Das Umsatzsteuerrecht fingiert im Rahmen dieser Umlagerungen bereits steuerbare Transaktionen.

  • In Deutschland tätigt Ihr laut § 6a Abs. 2 UStG eine sogenannte innergemeinschaftliche Verbringung.
  • Diese Verbringung (nach Polen/Tschechien) ist nach § 4 Nr. 1 Buchst. b steuerfrei (!), wenn
  • Ihr diese Verbringung im Rahmen Eurer Zusammenfassenden Meldung (ZM) erklärt und
  • dafür eine gültige UStID im jeweiligen Bestimmungsland habt.

Merke: Keine Aktivierung der Lagerhaltung in PL und CZ ohne steuerliche Registrierung in PL und CZ!

Jetzt werden einige fragen: Wenn diese Verbringungen steuerfrei sind, kann es doch nicht so schmerzhaft sein, wenn ich gleich in PL und CZ loslege und die Registrierung dann später abgeschlossen ist?

Das Problem an dieser Stelle ist eine Umsatzsteuerreform namens Quick Fixes. Danach sind seit dem 01.01.2020 Verbringungen u.a. dann steuerpflichtig, wenn zum Zeitpunkt der Verbringung keine gültige UStID im Bestimmungsland vorlag.

Wenn man sich vor Augen führt, dass Verbringungen nur gesetzlich fingiert sind und Ihr somit auch kein Entgelt von dritter Seite erhaltet, müssen Umsatzsteuerzahlungen direkt aus der Substanz erfolgen und könnten Euer Unternehmen in finanzielle Schieflage bringen.

Amazon CEE und Betriebsprüfung: Woher nimmt man die Belege?

Was Ihr auch unbedingt beachten solltet: Das Risikomanagement in den Finanzämtern liebt steuerfreie grenzüberschreitende Transaktionen. Sobald diese in einem gewissen Umfang auftreten, leuchten die Lämpchen bei Eurem Sachbearbeiter und er schickt dann nicht selten seine Kollegen aus der

  • Betriebsprüfung,
  • der Umsatzsteuer-Sonderprüfung oder
  • der Umsatzsteuer-Nachschau

los, um prüfen zu lassen, dass es diese Waren tatsächlich gibt und diese auch tatsächlich nach Polen und Tschechien gelangt sind.

Könnt Ihr das nicht belegen – mit der Hilfe von Belegen – wird das Finanzamt Umsatzsteuer auf die Verbringungen berechnen.

Wie sieht denn nun aber so ein Nachweis aus? Here we go! Wir sprechen dabei über sogenannte Pro-Forma-Rechnungen, die Ihr als Händler selbst erzeugen müsst: mit dem Einkaufspreis oder den Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage (für diese steuerfreien Lieferungen).

Wie Pro-Forma-Rechnungen genau funktionieren, erklären wir in diesem Artikel.

In PL und CZ steuerlich registriert und Pro-Forma-Rechnungen sind kein Problem! Kann ich jetzt starten und mir die 20.000 Euro holen?

Auf jeden Fall habt Ihr damit die dicksten Brocken beseitigt. Natürlich steckt der Teufel noch in vielen kleinen weiteren Details.

Wichtig zu wissen: Eine steuerliche Registrierung in Polen und Tschechien kann schon einmal bis zu 12 Wochen dauern. Ihr solltet also überlegt beginnen, um diese zusätzliche Ersparnis zu erhalten.

Liest man sich die Amazon-Bedingungen durch, genügt ein Freischalten bis zum 30.11.2022, um dann auch noch später in den Genuss der erhöhten finanziellen Anreize zu kommen.

Taxdoo bietet eine automatisierte Umsatzsteuer- und FiBu-Lösung für CEE und mehr

Wenn Du noch konkrete Fragen hast, wie unsere Software Dir und Deinem Steuerberater das Leben deutlich erleichtert – und nicht nur Amazon CEE in die Knie zwingt – dann sprich jederzeit direkt mit unseren Experten. Einen persönlichen Termin findest Du hier.

P.S.: Die steuerliche Registrierung im EU-Ausland bietet Taxdoo für Kunden der Software übrigens kostenlos an.

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