Amazons Umsatzsteuer-Berechnungsservice (VCS) und OSS
Die Stärken und Schwächen des VCS sind hinlänglich bekannt. Spannend ist aktuell die Frage: (Wie) funktioniert der Umsatzsteuer-Berechnungsservice seit der großen Umsatzsteuerreform zum 1. Juli 2021 und im Zusammenhang mit der Nutzung des One Stop Shop?
Vorab und zusammengefasst lässt sich Folgendes sagen.
Wer für den VCS nicht die richtigen Steuer-Einstellungen wählt und Amazon gegenüber nicht eindeutig klarstellt, dass er bei grenzüberschreitenden Verkäufen in der EU an Privatpersonen – sogenannte Fernverkäufe – seine Umsatzsteuer garantiert abführt, risikiert eine Sperre seiner Auslandslieferungen und damit erhebliche Umsatzeinbußen.
Im Folgenden seht Ihr diesen Fall, der sich aktuell sehr häufig wiederholt: Amazon sperrt den grenzüberschreitenden Verkauf von Händlern aufgrund fehlender ausländischer USt-ID bzw. OSS-Teilnahme-Nachweis.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Wir schauen uns daher die häufigsten Stolpersteine an und beginnen mit dem Problem, das aktuell am häufigsten im Zusammenspiel von VCS und OSS auftritt.
Dazu erinnern wir uns zunächst daran, wie Ihr früher sichergestellt habt, dass der Umsatzsteuer-Berechnungsservice immer die korrekte Umsatzsteuer berechnet hat. Teilweise wirkt das noch heute fort.
USt-IDs und der VCS
Vor dem 1. Juli 2021 waren die Welt und der VCS einfach gestrickt. Wart Ihr in einem bestimmten EU-Staat steuerpflichtig, weil Ihr z.B. die zum 1. Juli weggefallenen nationalen Lieferschwellen überschritten hattet, musstet Ihr zwingend Eure USt-ID für diesen Staat hinterlegen.
Hattet Ihr das vergessen oder Länder wie Spanien wollten Euch partout keine USt-ID ausstellen, dann hat der VCS weiterhin stur die Umsatzsteuer des Ursprungslandes berechnet und Ihr hattet ein ernstes bzw. doppeltes Problem.
Exkurs: Wann immer Ihr – oder der VCS – einen bestimmten Umsatzsteuersatz bzw. -betrag in einer Rechnung ausweist, obwohl Ihr die Umsatzsteuer in einem anderen Staat schuldet, führt der § 14c Abs. 1 UStG dazu, dass Ihr die Umsatzsteuer doppelt schuldet: 1. die auf der Rechnung asugewiesene Umsatzsteuer & 2. die Umsatzsteuer, die ihr ohnehin im anderen Staat schuldet.
Wichtig: Diese Grundregel gilt auch weiterhin und stellt eines der größten finanziellen Risiken im Onlinehandel dar.
Das würde doch aber bedeuten, dass Ihr aufgrund der neuen Umsatzsteuerregeln zum 1. Juli 2021 USt-IDs für fast alle EU-Staaten benötigt!? (Fragt sich an dieser Stelle noch jemand: Warum das denn? Falls ja, dann sei hiermit geholfen.)
Theoretisch und auch praktisch ist dem so. Aber es gibt eine Möglichkeit, die verhindert, dass Ihr Euch in allen EU-Staaten lokal registrieren müsst, wenn Ihr den VCS nutzen wollt.
USt-IDs und OSS
Mit dem One Stop Shop besteht zum 1. Juli 2021 eine weitere Möglichkeit, seine Umsatzsteuer im EU-Ausland abzuführen.
Insofern könnt Ihr Amazon auch damit signalisieren, dass Ihr steuerehrlich seid und die Umsatzsteuer für Eure Umsätze auf Amazon auch tatsächlich abführen wollt.
Das bedeutet, Ihr habt zwei Möglichkeiten, damit Amazon Euch nicht für bestimmte Auslandsmärkte sperrt.
- Ihr hinterlegt für die EU-Staaten, in denen Ihr steuerpflichtig seid, weiterhin eine ausländische und gültige USt-ID oder
- Ihr hinterlegt, dass Ihr für den OSS registriert seid.
Im Folgenden seht Ihr dazu einen Auszug aus der aktuellen Dokumentation zum VCS.
Es gibt aber auch eine dritte Möglichkeit – eine Kombination aus beidem.
Viele von Euch werden vielleicht in regelmäßigen Abständen die folgende Meldung erhalten.
Der VCS verlangt 6 USt-IDs! Warum?
Was verbirgt sich hinter dem folgenden Hinweis, den viele von Euch regelmäßig erhalten, und das auch wenn Ihr die Teilnahme am OSS gegenüber Amazon bestätigt habt?
Nehmt Ihr am Amazon Pan EU Programm teil und lasst Eure Rechnungen über den VCS erstellen, tätigt Ihr auch lokale Lieferungen in den folgenden EU-Staaten – z.B. aus einen Amazon-Lager an einen Verbraucher in Frankreich.
- Deutschland
- Frankreich
- Italien
- Spanien
- Polen
- Tschechien
- (Schweden ist noch nicht automatisch Teil des Pan EU Programms)
Lokale Lieferungen im EU-Ausland lassen sich leider nicht über den OSS melden.
Daher benötigt Ihr in diesen EU-Staaten weiterhin eine lokale Registrierung und eine entsprechende USt-ID.
Ein weiteres Problem, mit dem viele Anfänger auf Amazon konfrontiert sind, besprechen wir zum Abschluss, bevor wir Euch das Wichtigste im abschließenden Fazit nochmals mit auf den Weg geben.
Amazon VCS und Kleinunternehmer sowie sonstige Unternehmen, die keine Umsatzsteuer abführen
Zwei Konstellationen, bei denen es im Kontext des VCS regelmäßig zu Problemen kommt, wollen wir an dieser Stelle ebenfalls noch ansprechen.
- Ausgangslage 1: Ihr seid Kleinunternehmer und müsst daher, bis Ihr die Umsatzgrenze von 22.000 Euro (brutto) pro Kalenderjahr überschreitet, keine Umsatzsteuer abführen.
- Lösung: Es ist möglich, im VCS das Attribut Kleinunternehmer zu hinterlegen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn Ihr den grenzüberschreitenden Versand deaktiviert habt, da die Kleinunternehmerregelung nur im Inland gilt.
- Ausgangslage 2: Ihr tätigt Umsätze, die nicht steuerbar sind, weil Ihr z.B. eine gemeinnützige Stiftung betreibt.
- Lösung: analog zur Kleinunternehmerregelung
An dieser Stelle lässt sich festhalten, dass nationale Befreiungsvorschriften nicht wirklich sicher auf Amazon bzw. über den Umsatzsteuer-Berechnungsservice abgewickelt werden können.
Fazit
Amazons VCS Umsatzsteuer-Berechnungsservice kann Euch in einigen Fällen das Leben erleichtern. Dazu müsst Ihr aber unbedingt die Stellschrauben kennen. Anderenfalls riskiert Ihr Sperren auf Amazon oder schuldet im worst case Umsatzsteuer doppelt.
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