Auf einen Schnack mit Florian Köbler (Bundesvorsitzender DStG): Digitalisierung der Finanzverwaltung

Wer sind die Menschen, die die digitale Transformation in der Steuerwelt aktiv gestalten? Wie ticken sie? Was treibt sie an? Das will ich verstehen und ihnen dabei zuhören. In meinem monatlichen "Auf einen Schnack mit ...".
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 3 min. Lesezeit
Auf einen Schnack mit Florian Köbler (Bundesvorsitzender DStG): Digitalisierung der Finanzverwaltung

Von außen betrachtet sehen wir die Finanzverwaltung häufig nur als anonymes technische Gebilde, das Gesetze vollzieht. Meine ersten Jahre wurde ich als Betriebsprüfer selbst in einem Finanzamt und später beim Bundeszentralamt für Steuern sozialisiert und geprägt. Letztendlich habe ich mich dann trotz Verbeamtung auf Lebenszeit entschieden, die Verwaltung zu verlassen.

Im Gegensatz zu mir ist Florian Köbler geblieben – und das mit Anspruch, die Dinge zu gestalten. Das macht Florian jetzt in seiner Funktion als Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DStG) und vertritt dort die Interessen der Menschen, die hinter unseren Steuerbescheiden, Einspruchsverfahren, Betriebsprüfungen, …. stehen.

Ich wollte verstehen, was hat sich in den letzten Jahren seit meinem Ausscheiden in der Finanzverwaltung getan? Wer sind die Köpfe dort, denen ein Weiter-So nicht genug ist? Daher habe ich Florian zum Auftakt der 2024er-Reihe von Auf einen Schnack mit … mit meinen Fragen gelöchtert.

Das gesamte Interview findet Ihr hier. Im Folgenden will ich ein paar prägnante Aussagen von Florian besonders hervorheben.

Gute Beamte oder gute Gesetze? Warum nicht beides?!

Bei der Vorbereitung auf das Gespräch mit Florian hatte ich die ganze Zeit dieses bekannte Zitat im Kopf.

Mit schlechten Gesetzen und guten Beamten lässt sich immer noch regieren. Bei schlechten Beamten aber helfen uns die besten Gesetze nichts.

(Otto von Bismarck)

Während des Gesprächs mit Florian wurde mir schnell klar, dass Florian natürlich die Interessen seiner Mitglieder vertritt – aber dabei und dafür deutlich weiter vorne ansetzt: u.a. bei der Steuergesetzgebung.

Steuergerechtigkeit: Daten als Grundlage

Was mir nach dem Bismarck-Zitat in dem Gespräch mit Florian sofort in den Sinn kam, ist die zentrale Vorschrift in der Abgabenordnung, die für mich Ausdruck von Steuergerechtigkeit ist – und von der man sich schon regelmäßig fragen kann: Leben wir das gerade zu 100 Prozent?

§ 85 AO: Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden.

Florian macht an dieser Stelle anschaulich, dass Steuergerechtigkeit nur dann in aller Breite und durch alle Schichten funktioniert, wenn man die dafür erforderlichen Risikoanalyse und vor allem eine hinreichende Datengrundlage hat.

Daten: Check! Datenanalyse: ?

Aber auch, wenn die Daten vorliegen, brauchen wir die Ressourcen und das Wissen, um diese zielgenau auswerten zu können. Der E-Commerce ist hier das beste Beispiel

Haben wir in Deutschland ein Vollzugsdefizit? In Teilen schon!

Wenn man beim Thema Steuergerechtigkeit und Daten ist, kommt man häufig zu zentralen Frage: Haben wir aufgrund der aktuellen Strukturen (in Teilen) ein Vollzugsdefizit? Anders: Sind die Ehrlichen die Dummen?

Ich hoffe, diese Einblicke hier und das Interview in Gänze haben euren Nerv getroffen. Wenn das der Fall ist – oder wenn nicht – kommentiert hier gerne.

Wie geht diese Reihe weiter?

Die Digitalisierung des Steuerrechts erfolgt auf allen Ebenen und wird durch Menschen auf allen Ebenen geprägt, die eines auszeichnet: Der Begriff Passion ist ihnen nicht fremd. Diesen Menschen will ich einmal im Monat zuhören und ich will verstehen, was sie antreibt.

Im März spreche ich dazu mit dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und CMO der DATEV: Prof. Dr. Peter Krug.

2 Kommentare

    I’m Rahmen der Steuerreform spricht Herr Köbler für eine Vereinfachung Rentnerbesteuerung aus. Er wünscht wie die derzeitige Bundesregierung eine Quellenbesteuerung der Rente nach dem Muster eines Lohnsteuerabzuges. Nur schon heute hat jeder vierte Rentner nur Euro 1250 zum Leben monatlich. Nun soll diese Karge Rente auch noch mit einer Quellensteuer neben hohen krankenversicherungs sowie Pflegeabgaben belegt werden d.h. netto noch weniger. Dann noch Miete , Höhe Strom-und Heizkosten überbordende Lebensmittelpreise. Wovon soll der Rentner denn noch Leben. Oder werden Freibeträge so hoch pauschal angesetzt das eine Quellensteuer für Renten von Euro 1500 brutto nicht anfallen werden. Für eine Rückmeldung wäre ich Ihnen dankbar.

    Lieber Herr Jaeck,

    vielen Dank für Ihren Kommentar!

    Sie sprechen etwas sehr Wichtiges an: Altersarmut. Herrn Köbler geht es aber eher darum, dass wir Steuern (z.B. auf Renten) effizienter erheben – nicht um die Höhe. Diese hat der Gesetzgeber und damit die Politik zu verantworten.

    Ich kann Ihnen hier keine Lösung präsentieren. Es ist aber offenkundig, dass das Umlageverfahren zunehmend an seine Grenzen kommt und ergänzende Verfahren – z.B. die Riester-Rente – eher den Anbietern (Banken, Versicherern, …) die Taschen gefüllt haben und die Sparer mit einem Taschengeld abgespeist werden, weil die Kosten horrend sind.

    Letztendlich werden wir – vergleichbar mit Norwegen – nicht umhinkommen, das Rentensystem an das zu knüpfen, wo die Wertschöpfung entsteht: an die Unternehmen.

    Hilft Ihnen das aktuell? Nein! Dafür hat man das Ganze zu lange einfach ignoriert und es gibt keine schnelle Lösung.

    Dennoch herzliche Grüße
    Roger Gothmann

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