OSS-Mahnungen aus Spanien für Q3 und Q4 2021: BZSt dieses Mal nicht Schuld

Das Thema OSS ist für Onlinehändler und deren Steuerberater eine Dauerbaustelle. Unbegründete OSS-Mahnungen aus dem Ausland, zurückgewiesene Zahlungen durch das BZSt und kryptische Fehlermeldungen sind eindeutige Signale, dass die Digitalisierung der Finanzverwaltung noch nicht den Ansprüchen genügt.
In den vergangenen Tagen und Wochen ergingen hunderte Bescheide über Säumniszuschläge aus Spanien für die OSS-Meldungen der Quartale 3 und 4 in 2021 an deutsche Onlinehändler.
Aber! In diesem Artikel muss ich das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) – meinen ehemaligen Dienstherrn und Wächter des deutschen OSS-Portals – einmal in Schutz nehmen und dafür ein Hühnchen (bzw. ein Stück Tofu) mit Euch Schlawinern rupfen.
Als Vater von vier bezaubernden, aber auch herausfordernden Kindern bin ich es gewohnt, dass man mir nicht immer zuhört.
Dennoch habe ich in den vergangenen Jahren und Monaten auf unzähligen Wissens-Formaten für Steuerkanzleien immer darauf hingewiesen, dass die OSS-Fristen in Stein gemeißelt sind und man doch bitte die Meldung UND die Zahlung 5 Werktage vor Fristende leisten sollte. Hier sind noch einmal die Fristen.
- 31.01. für Q4
- 30.04. für Q1
- 31.07. für Q2
- 31.10. für Q3
OSS-Mahnungen aus Spanien für 2021 überwiegend nicht Schuld des BZSt
Fragen bzw. Anschreiben – wie die Folgende – haben mich in den vergangenen Tagen über die verschiedensten Kanäle erreicht.
Frage
Wir haben vor Kurzem bei einem Mandanten eine OSS-Mahnung für das 3. Quartal 2021 aus Spanien erhalten. Die Zahlung wurde auch als bereits geleistet angezeigt. Es erfolgte der Hinweis, dass die Zahlung für das 3. Quartal 2021 nach Fristende einging. Daher fordert Spanien 5 Prozent der Steuer als Executive Surcharge. Dieser Prozentsatz wird laut Auskunft der Finanzbehörde in Spanien – der Agencia Tributaria – bei verspäteter Zahlung pauschal festgesetzt.
Unser Mandant hat am 02.11.2021 den Betrag für das 3. Quartal an das BZSt überwiesen. Das offizielle Fristende für Q3 2021 war der 31.10.2021, ein Sonntag. Der darauffolgende 01.11.2021 ein gesetzlicher Feiertag.
Ist der Verspätungszuschlag gerechtfertigt?
Meine Antwort lautet in diesen Fällen immer.
Antwort
In diesem Fall ist der Verspätungszuschlag grundsätzlich gerechtfertigt, weil die Umsatzsteuer für Q3 2021 nicht bis zum Fristende 31.10.2021 in Spanien eingegangen ist, wie es § 18j Abs. 5 S. 3 UStG fordert: Die Entrichtung der Steuer erfolgt im Falle der Steuererklärung nach Satz 1 (= OSS-Erklärung) fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum letzten Tag der Frist nach Absatz 4 Satz 3 bei der zuständigen Finanzbehörde des anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union eingegangen ist.
ABER: Darf Spanien eigentlich ab Tag 1 einen Säumniszuschlag erheben?
OSS-Mahnungen: Die Vorgehensweise von Spanien ist korrekt, aber zumindest fragwürdig
Würde Deutschland OSS-Meldungen mahnen, bei denen die Umsatzsteuerzahlung lediglich zwei oder drei Tage verspätet geleistet wurde? Nein!
§ 18j Abs. 5 S. 4 UStG ist da klar: § 240 der Abgabenordnung (= Säumniszuschläge) ist in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des zehnten Tages nach Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Monats eintritt.
Der Wortlaut des Artikels 369i MwStSystRL ist klar. Er betrifft aber nur die Frist, nicht den Zeitpunkt, ab dem Säumnis- und Strafzuschläge anfallen.
Artikel 369i MwStSystRL: Der diese Sonderregelung (= OSS) in Anspruch nehmende Steuerpflichtige entrichtet die Mehrwertsteuer unter Hinweis auf die zugrunde liegende Mehrwertsteuererklärung spätestens nach Ablauf der Frist, innerhalb der die Erklärung abzugeben ist.
Säumnis- und Strafzuschläge unterliegen dem jeweiligen nationalen Verfahrensrecht des Bestimmungslandes. Während Deutschland hier sehr human ist, fallen in Spanien ab dem ersten Tag 5 Prozent des Umsatzsteuerbetrages an.
Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass die Mitgliedstaaten für die Quartale 3 und 4 in 2021 ein Auge zugedrückt hätten. Gerade in diesem Zeitraum waren die OSS-Portale vieler Mitgliedstaaten häufig nur halb fertiggestellt. So gab es in Deutschland z.B. für Q3 2021 keine Möglichkeit des Uploads. Alles musste Zeile für Zeile und Betrag für Betrag per Hand eingetragen werden.
Zudem sind Bescheide über Säumniszuschläge nach mehr als zwei Jahren kein guter Stil – selbst, wenn es das nationale Verfahrensrecht hergibt.
Merke: OSS erfordert weiterhin Kenntnisse des nationalen Verfahrensrechts und wache Augen
Die letzten Monate haben allen Beteiligten klar vor Augen geführt, dass der OSS kein No-Brainer ist. Kurzfristige Änderungen durch das BZSt brachten z.B. Onlinehändler, die ihre Amazon-Lager im Ausland nicht sauber erfasst hatten, in arge Bedrängnis.
Wer darüber hinaus glaubt, dass für die OSS-Meldungen lediglich deutsches Recht zur Anwendung kommt, der irrt ebenso und zahlt Säumniszuschläge.
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AKS
Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Steuern jeweils zum 30. bzw. 31. beim Bundeszentralamt eingegangen sein müssen.
Mein Mandant hat eine Mail aus Spanien erhalten, dass die Steuern für die Quartale I-IV 2022 zu spät eingegangen sind. Leider können wir nicht erkennen, wie hoch die Säumniszuschläge jetzt ausfallen.
Laut Ihrem Artikel entnehme ich, dass 5% anfallen!?
BMG volle Euro oder auch mit Cent-Beträgen?
Wo findet man das auf der spanischen Internetseite?
VG
Dr. Roger Gothmann
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Steuern müssen bis zum Fristende im Ausland eingegangen sein. Ich empfehle daher die Zahlung 5 Werktage vor Fristende zu leisten.
Die Säumniszuschläge sollten in dem Schreiben aufgeführt sein. 5 Prozent sind die Regel, aber nicht in allen Fällen. Wenn Sie Taxdoo-Kunde sind, leiten Sie das Schreiben einfach an den Support weiter (über das Dashboard), dann helfen wir Ihnen gerne.
Viele Grüße
Roger Gothmann
D
Ich habe das gleiche Problem, nur in meiner Email steht weder ein Zahlungsziel, noch ein Betrag oder sonstiges. Eine wahrliche Frechheit. Es gibt keine Kontakt-Email, der Telefon-Support kann übrigens auch kein English.
Dr. Roger Gothmann
Vielen Dank, dass Sie Ihre Erfahrung teilen!
Ohne Betrag und Zahlungsziel wirkt das aber verdächtig. Seien Sie da bitte vorsichtig. Als Taxdoo-Kunde können Sie sich gerne an unseren Support werden.
Viele Grüße
Roger Gothmann
Stefan
Ich bekomme auch gerade laufend Mahnungen von 2022, zb.: Q1 (30.5 = Samstag) Geldausgang (2.6; Juni).
Aktuell muss ich für Q1, Q3, Q4 Säumniszuschläge bezahlen, adressiert eine meine alte GmbH (Firmenbuchänderung am 5.7.2022)
Auf der Zahlungsaufforderung auch kein IBAN, nur ein Link wo man über die Agencia Tributaria Homepage den Betrag begleichen darf – wie genau das funkt. habe ich leider noch nicht herausgefunden…..
Kann man gegen diese Bescheide auch “Einspruch” einlegen, habe auf dem Schreiben leider keine Informationen diesbezüglich gefunden.
Danke für den informativen Artikel!
Dr. Roger Gothmann
Moin Stefan,
auf dieser genannten Seite erzeugst Du den Verwendungszweck und erhältst die IBAN. Ein Einspruch ist nur zielführend, wenn Du nachweislich fristgerecht gemeldet und gezahlt hast. Ist das denn der Fall?
Viele Grüße
Roger Gothmann
Nick
Hallo zusammen,
ich habe letzte Woche gleich 4 Schreiben mit je 6 Seiten A4 aus Spanien erhalten.
Ich werde nicht daraus schlau wie ich hier die Nachzahlung leisten soll.
Die Website der Agencia Tributaria ist auch nur in Englisch.
Nach nun mehren Stunden schauen, übersetzen und googeln komme ich hier nicht weiter.
Warum geben die nicht einfach die Bankdaten, Verwendungszweck an und man kann ganz einfach überweisen. Wäre wohl zu einfach.
Vielleicht erhoffen sich auch die spanischen Behörden dadurch weitere Verspätungen und können dann noch mehr “rausholen”.
Kann es mir jemand erklären ?
Dr. Roger Gothmann
Moin Nick,
klar, dafür ist Taxdoo doch da! Schau mal hier.
Viele Grüße
Roger
Mirko Böddecker
Wir haben von Spanien für jedes einzelne Quartal diese Säumniszuschläge erhalten. Bisher bis 3Q 2022. Wir haben jedes mal fristgerecht bezahlt (nach Deutschem Recht). Die Tatsache, dass die das 3 Jahre haben auflaufen lassen um sich jetzt die Taschen voll zu stopfen hat merh als ein Geschmäckle. Wir sind in einem sehr wettbewervbsintensiven markt mit weniger als 12% Bruttomarge und weniger als 0,5% Gewinn vor Steuern tätig. Für uns ist das eine Vollkatastrophe. Wie kann es denn sein, dass es ein OSS Verfahren gibt um sich nicht mit 27 Nationalstaaten in deren Sprachen auseinander setzen zu müssen um es dann ad absurdum zu führen mit Regelungen welche nicht einheitlich sind? ich hatte mich sowhl amn das Bundeszentralamt als auch an das Wirtschaftsministerium gewandt, weil ich der Meinung bin nicts falsch gemacht zu haben. Keinerlei Antwort. Wie könnte man hier denn Rechtskonformität innerhalb der EU wieder herstellen?
Dr. Roger Gothmann
Moin Mirko,
vielen Dank für Deine Erfahrungen. Leider kommt deutsches Recht hier nicht zur Anwendung. Bei der Frage der Verspätungszuschläge kommt immer nationales Recht (also hier Spanien) zur Anwendung. Ich habe dazu kürzlich hier etwas geschrieben.
Herzliche Grüße
Roger Gothmann
R.Fischer
Hallo,
wir haben kürzlich Zahlungsaufforderungen mit Säumniszuschlägen für die Quartale 2, 3 und 4 / 2022 erhalten.
Unter dem in den Schreiben angegeben Link
https://www2.agenciatributaria.gob.es/wlpl/OVPP-PAGO/Gennrt
kommt allerdings nur eine Fehlermeldung. Haben Sie einen Tipp wie ich an die richtige Seite komme um die ausstehenden Gebühren überweisen zu können?
Danke!
Niko
Hallo zusammen,
auch ich habe nun eine Mahnung für das 2.Q 2022 erhalten, kann aber keine IBAN finden und weiß nicht wohin ich die Mahnkosten überweisen soll/ muss.
Wieso erhalte ich eine “Order of Enforcement” ohne Kontodaten?
Oder sind diese Mahnungen auch an die deutschen Behörden zu zahlen?
Danke für Eure Hilfe.