Neue 7-Tage-Regel: Bald mehr Transparenz bei zurückgehaltenen Zahlungen von Amazon?

Amazon verfügt unter allen großen Marktplätzen über ein maximal effizientes Liquiditätsmanagement – zulasten der vielen Millionen von Händlern. Ab dem 1. November 2024 verspricht man zumindest etwas mehr Transparenz. Wirklich?
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 6min. Lesezeit
Neue 7-Tage-Regel: Bald mehr Transparenz bei zurückgehaltenen Zahlungen von Amazon?

Amazon friert regelmäßig Guthaben von Händlern ein und hält auch Zahlungen zurück. Was ist der Unterschied dabei und was ändert sich ab dem 1. November 2024?

Das ist Gegenstand dieses Artikels und basiert auf einer kürzlich von Amazon veröffentlichten Verfahrensänderung zu den zurückgehaltenen und zurückgestellten Zahlungen.

Fangen wir mit der schlechten Nachricht an.

Eingefrorene Amazon-Guthaben: weiterhin komplette Intransparenz

In puncto Transparenz ändert sich bei eingefrorenen Guthaben nichts. Was ist das überhaupt?

Das mit Abstand größte existenzielle Risiko von (reinen) Amazon-Händlern sind eingefrorene Guthaben. Das bedeutet, dass Amazon die vollständige oder große Teile der Auszahlung einbehält, bis der Händler bestimmte Unterlagen nachgereicht hat. Dieses Einfrieren erfolgt also auf unbestimmte Zeit und nimmt keine Rücksicht darauf, ob man das Geld nun für neue Wareneinkäufe, die Bezahlung seiner Mitarbeiter oder zur Befriedigung des Finanzamtes benötigt.

Ende 2023 und Anfang 2024 ereilte dieses Schicksal tausende Onlinehändler, die ihre Produkte auf Amazon verkaufen.

Der Hintergrund lag in der Tatsache, dass Marktplätze wie Amazon, eBay und Co. für die nicht abgeführte Umsatzsteuer der Händler haften. Seit dem 1.7.2021 gilt, dass kein Händler mehr ohne gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UStID-Nr.) auf einem Marktplatz verkaufen darf. Passiert das dennoch, haftet der Marktplatz ab Tag 1 für die Umsatzsteuer des Händlers.

Das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG), das ab dem 1.1.2023 gilt, hat das noch verschärft, denn jetzt müssen die Plattformen die Stammdaten der Händler (also auch die UStID-Nr.) einmal pro Jahr an das BZSt melden.

Merke: Wer seine Stammdaten auf den elektronischen Plattformen nicht akribisch pflegt, nimmt existenzielle Risiken in Kauf.

Zitat: Steuerliche Compliance beginnt im Marktplatzhandel immer mit der Pflege der Stammdaten auf Amazon & Co.

Quelle: Dr. Roger Gothmann

Anders sieht es bald mit den zurückgehaltenen Auszahlungen bei Amazon aus.

Zurückgehaltene Auszahlungen bei Amazon

Bevor wir diesen Punkt ansprechen, schauen wir uns kurz an, wie man als Händler auf Amazon überhaupt an sein Geld kommt.

Wie man an die Amazon-Auszahlungen kommt: Wer als Händler seine Produkte bei Amazon verkauft, erhält nie in Echtzeit den gesamten Erlös. Amazon stellt mittlerweile die Auszahlung bis zu sieben Tage nach der Anlieferung (beim Kunden/Käufer) zurück. Zudem werden dann, wenn der Händler nach diesen sieben Tagen die Auszahlung anstoßen kann, immer auch gleich die Amazon-Gebühren einbehalten. Diese fangen bei mindestens 15 Prozent an und können in Gänze auch mal 40 bis 50 Prozent erreichen.
Das genannte Verfahren bewirkt, dass der Kunde/Käufer bei Rücksendungen maximal schnell an sein Geld kommt und Amazon so seiner großen Ambition, das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt zu werden, näher kommt.
Der Verfasser dieser Zeilen hatte kürzlich morgens eine Retoure zur Post gebracht. Am Abend war der vollständige Betrag bereits auf seiner Kreditkate gutgeschrieben.

Gerade diese 7-Tage-Regel macht es für Amazon-Händler schwer, ihre Liquidität zu planen. Amazon hat nun versprochen, hier bald für mehr Transparenz zu sorgen – genauer gesagt: ab dem 1. November 2024.

Den genauen Wortlaut findet ihr im Folgenden. (Quelle: Amazon SellerCentral)


Im Rahmen unserer Richtlinie für Zahlungen basierend auf dem Lieferdatum halten wir Ihre Verkaufserlöse in der Regel bis zu sieben Tage nach der Anlieferung der Bestellung zurück.

Um Ihnen einen besseren Überblick über die von uns zurückgehaltenen Guthaben zu gewähren, haben wir einen neuen Status “Zurückgestellte Transaktionen” auf der Übersichtsseite Zahlungen hinzugefügt.

Ab dem 1. November 2024 werden Rücklagenbeträge nach Lieferdatum als zurückgestellte Transaktionen im Feld “Gesamtsaldo” oben auf der Übersichtsseite Zahlungen angezeigt. Bis dahin können sie weiterhin im Feld “Rücklage auf Kontoebene” auf Ihrer Übersichtsseite Zahlungen und in den Berichten angezeigt werden. Beachten Sie, dass Ihre Übersichtsseite nicht geändert wird, wenn Sie nicht von unserer Richtlinie zum Lieferdatum betroffen sind.

Klicken Sie auf den Saldo der zurückgestellten Transaktionen, um weitere Informationen zu sehen. Die Seite “Transaktionsansicht” zeigt die Liste der Bestellungen, aus denen sich dieser Saldo zusammensetzt, den Grund für die Rückstellung und das voraussichtliche Datum der Auszahlung für jede Bestellung an.

Führen Sie die folgenden Schritte aus, um einen detaillierten Bericht zu Ihren zurückgestellten Transaktionen herunterzuladen:

  1. Gehen Sie zu Repository für Abrechnungsberichte.
  2. Wählen Sie unter Art des Berichts Zurückgestellte Transaktion aus.
  3. Klicken Sie auf Bericht anfordern.

Sobald der Status einer Transaktion von “zurückgestellt” auf “freigegeben” geändert wird, ist sie nicht mehr im Bericht “Zurückgestellte Transaktionen” enthalten. Um alle freigegebenen Transaktionen aus einem bestimmten Zeitraum herunterzuladen, wählen Sie als Art des Berichts die entsprechende Transaktion aus.

Nur neue Transaktionen, die nach dieser Änderung veröffentlicht werden, werden als “zurückgestellt” angezeigt. Ältere Transaktionen werden unter den Rücklagen auf Kontoebene angezeigt, bis sie zur Auszahlung freigegeben werden. Eine Rücklage auf Kontoebene kann auch dann angezeigt werden, wenn Sie für eine Ihrer Bestellungen einen Garantieantrag erhalten haben, eine Rückbuchung vorgenommen wurde oder Ihr Konto geprüft wird.

Beachten Sie, dass zurückgestellte Transaktionen nicht in der Tabelle auf der Übersichtsseite Zahlungen enthalten sind und erst dort angezeigt werden, nachdem sie freigegeben wurden.

Weitere Informationen finden Sie unter Was ist eine zurückgestellte Transaktion?

Wenn Sie uns Feedback zu dieser Änderung geben möchten, senden Sie uns eine E-Mail an seller-payments-experience@amazon.com.


Ein ziemlicher Rattenschwanz in der Buchhaltung

Da die Transaktionskosten (Verkaufsgebühren, Versandgebühren, FBA-Gebühren, …) erst mit der Freigabe des Umsatzes – nach ca. 7 Tagen – in Rechnung gestellt werden, ist auch das im Rahmen der Buchhaltung zu berücksichtigen.

Wir halten euch hier im Blog auf dem Laufenden. Solltet ihr spannende Erfahrungen mit zurückbehaltenen Zahlungen bei Amazon gemacht haben, teilt diese gerne in den Kommentaren.

Letzte Frage: Muss ich als Händler überhaupt Umsatzsteuer für zurückgehaltene Zahlungen an das Finanzamt abführen?

Die Antwort haben wir vor einiger bereits beleuchtet und ihr findet sie hier: Wann muss man im Onlinehandel die Umsatzsteuer abführen?

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