Umsatzsteuer-News: ViDA (ECOFIN-Treffen) & Vorsteuerabzug ohne Rechnung (EuGH-Urteil)

In den heutigen Umsatzsteuer-News stehen zwei aktuelle Themen im Vordergrund, die sich zu einem Dauerbrenner entwickelt haben:
- ViDA: Wann geht es endlich los mit dieser so wichtigen Umsatzsteuerreform für den E-Commerce?
- Vorsteuerabzug ohne Rechnung: Nicht erst seitdem Amazon trotz Mandatierungen bei fast allen Big4 und Umsatzsteuer-Boutiquen hier so richtig ins K*o gegriffen hat, stellt sich die Frage, ob man für den Vorsteuerabzug wirklich eine Rechnung braucht.
ViDA: Vida nicht!
Beginnen wir die heutigen Umsatzsteuer-News mit der schlechten Nachricht: Die große Umsatzsteuerreform VAT in the Digital Age (ViDA) stockt weiterhin. Auch das aktuelle ECOFIN-Treffen hat nicht dazu geführt, dass sich der ViDA-Knoten löst und dann sämtliche Auslandstransaktionen über den bzw. einen One-Stop-Shop (OSS) gemeldet werden können. Wir berichten hierzu seit Monaten (siehe hier).
Gerne hätte ich meine Schulungen, Webinare und Seminare zur Umsatzsteuer im E-Commerce für das kommende Jahr an die ViDA-Änderungen angepasst. Diese werden nun aber frühestens 2026, wenn nicht gar erst Mitte 2027 kommen.
Vorsteuerabzug ohne ordnungsgemäße Rechnung?!? Was sagt der EuGH?
Bislang gilt der folgende Grundsatz im deutschen Umsatzsteuerrecht:
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG: Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt.
Das heißt im Klartext: ohne ordnungsgemäße Rechnung kein Vorsteuerabzug!
Der Autor dieser Zeilen gesteht, dass er in jungen Jahren als Betriebsprüfer über diesen Grundsatz einige Millionen Euro an Mehrergebnis für seinen Dienstherrn eingesammelt hat. In einem krassen Fall war ein Bauunternehmer betroffen, der Vorsteuer in Höhe von ein paar 100k Euro im Dezember abgezogen hatte, obwohl ihm die Rechnungen erst im Januar vorlagen. (Ich bereue diesen formalistischen und bürokratischen Irrsinn aufrichtig, da der Unternehmer sich dieses Mehrergebnis im Januar zurückholen konnte.)
Es gibt nicht wenige, die der Ansicht sind, dass ein derartiger Formalismus und die Abhängigkeit vom Rechnungsaussteller nicht dazu führen darf, dass der folgende Kern des Umsatzsteuerrechts in der Praxis häufig nicht zur Anwendung kommt.
Bereits am 1. Januar 1968 wurde das Umsatzsteuerrecht in der Europäischen Gemeinschaft (EG), dem Vorgänger der EU, reformiert. Dabei stand im Fokus, die Umsatzsteuer zu einer Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug umzuwandeln. Dies bedeutet, dass die Umsatzbesteuerung seitdem auf jeder Wirtschaftsstufe stattfindet. Unternehmen können die entrichtete Umsatzsteuer gleichzeitig als Vorsteuer geltend machen. Auf diesem Weg tritt die Definitivbelastung mit Umsatzsteuer erst beim Endverbraucher ein – und in der Regel eben nicht auf Unternehmensebene.
Wie kürzlich bekannt wurde, hat das oberste polnische Verwaltungsgericht dem EuGH die Frage vorgelegt, wann der Vorsteuerabzug vorgenommen werden kann und ob dafür überhaupt eine ordnungsgemäße Rechnung erforderlich ist (Aktenzeichen: I FSK 169/21).
Wir halten euch dazu auf dem Laufenden – nicht nur wegen dieses Amazon-Problems.
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