Die große Taxdoo Steuerkanzlei(meta)studie 2025: Klein(st)kanzleien zwischen KI-Skepsis und fehlenden Transformationsressourcen
Generative KI und Private Equity könnten 2025 für den iPhone-Moment in der Steuerbranche sorgen. Doch: Wie sieht diese Branche eigentlich konkret aus und woher kommen teilweise die Beharrungskräfte? Wir sind für euch einmal in die Zahlen und zahlreichen Studien gestiegen und haben das Wichtigste extrahiert und zusammengefasst.
Dr. Roger Gothmann
Roger ist der Umsatzsteuer-Experte bei Taxdoo. Er war 14 Jahre für die Finanzverwaltung als Umsatzsteuer-Sonderprüfer und zuletzt im Bereich des Bundesfinanzministeriums tätig.
Über 50.000 Steuerkanzleien gibt es in Deutschland. Ohne sie wäre ein Großteil der kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) in Deutschland verloren im Dickicht zunehmender regulatorischer Anforderungen im Bereich Steuerrecht, Buchhaltung und weitergehender Compliance.
Nicht nur im E-Commerce suchen Unternehmen daher in allen Branchen nach einem verlässlichen Partner, an den sie zwei wesentliche Anforderungen haben.
Eine fundierte und möglichst proaktive persönliche Beratung
Digitale und automatisierte Prozesse, die sich effizient im Unternehmen einbinden lassen
Dazu haben wir einen Deep Research über alle öffentlich verfügbaren Studien gemacht: von STAX bis hin zur DATEV und auch Fachartikel auf Papier digitalisiert und ausgewertet. Ihr seht hier das Resultat und unsere Einordnung.
Die Realität: Klein(st)kanzleien kämpfen um und mit knappen Ressourcen
Über 80 Prozent aller Steuerkanzleien in Deutschland beschäftigen maximal zehn Mitarbeitende. Genauer gesagt:
50 % sind Einzelkanzleien mit nur 1 bis 3 Mitarbeitenden
Weitere 30 % zählen zu den „kleinen Kanzleien“ mit 4 bis 10 Mitarbeitenden
Mittlere und größere Kanzleien bilden dagegen die Ausnahme – und Großkanzleien mit über 50 Mitarbeitenden machen gerade einmal 1 % des Markts aus (ohne die Big10 wie z.B. EY, WTS, …).
Was heißt das für die Branche – und für die Digitalisierung sowie den Einsatz von KI? Die Mehrheit der Kanzleien (80 Prozent) kämpft definitiv nicht mit komplexen Strukturen, sondern mit knappen Ressourcen. Diese Kanzleien liegen bei der Digitalisierung – und vor allem bei generativer KI – oftmals weit hinten, weil sie einfach nicht die Kapazitäten für die erforderlichen Transformationsprozesse haben.
Das drückt sich aktuell u.a. in einer breiten Skepsis generativer KI gegenüber aus.
KI-Skepsis und wo sie (wahrscheinlich) herkommt
Kürzlich sorgte die sogenannte STAX-Umfrage (2024) für Aufsehen, weil sie verdeutlichte, mit welcher Skepsis Steuerberater bzw. Steuerkanzleien den Einsatz generativer KI betrachten. Auch hier wird ein Gefälle zwischen größeren und kleinen Kanzleien deutlich.
Umso wichtiger erscheint es, dass Kanzlei wachsen. Wie sieht hier der Trend aus?
Entwicklung bei der Mitarbeiterzahlen: Es bewegt sich etwas – teilweise
Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl steigt seit Jahren – allerdings nur in mittleren Kanzleien. Treiber sind u. a. Digitalisierung, komplexere Mandate und steigende Anforderungen an Servicequalität.
Die Teamgrößen in Steuerkanzleien wachsen – langsam, aber kontinuierlich. Besonders mittlere Kanzleien (11–50 MA) haben ihre Personalstärke seit 2010 spürbar erhöht. Dies reflektiert die wachsende Komplexität steuerlicher Themen und den Trend zur arbeitsteiligen Mandatsbetreuung.
Bei den Einzelkanzleien ist dieser Trend jedoch kaum spürbar. So entwickelt sich ein Teufelskreis aus fehlender Digitalisierung und dadurch fehlender Attraktivität für motivierte Nachwuchskräfte,
Wie sieht die Struktur der Kanzleiteams aus?
Die Zusammensetzung des Teams variiert je nach Kanzleistruktur deutlich: Während Einzelkanzleien meist aus einem Berufsträger und wenigen Fachangestellten bestehen, verfügen überörtliche Sozietäten über spezialisiertere und größere Teams.
Mit zunehmender Größe und Komplexität verändern sich nicht nur die Mandate, sondern auch die Teamstruktur: Überörtliche Sozietäten beschäftigen durchschnittlich vier Steuerberater, zehn Fachangestellte sowie mehrere Auszubildende und Verwaltungskräfte. In Einzelkanzleien hingegen dominiert das klassische Modell mit einem Inhaber und wenigen Mitarbeitenden.
Nicht ohne Grund wächst der Verwaltungsanteil mit zunehmender Kanzleigröße, da damit nicht nur eine zunehmende Professionalisierung des Personalmanagements einhergeht. Auch verfügen größere Kanzleien über zunehmend mehr Inhouse-IT-Ressourcen und damit auch über strukturiertere und standardisierte Arbeitsprozesse.
Die Chancen der Digitalisierung und Use Cases für KI
Erst kürzlich konnte ich hier in diesem Blog herleiten, dass generative KI im Steuerrecht bereits auf dem Niveau eines Big-4-Associates liegt. Die Fantasie aufseiten deutscher Steuerkanzleien zu möglichen konkreten Anwendungsfällen ist jedoch noch überschaubar und variiert auch wiederum stark mit der Kanzleigröße.
Fazit: Das Kleinklein bremst die technologische Transformation
Die Hälfte aller deutschen Steuerkanzleien hat drei oder weniger Mitarbeiter. Als ich diese Zahlen kürzlich auf LinkedIn veröffentlichte, kam spontan die folgende Antwort eines Steuerberaters aus der Start-up-Welt.
Das Diagramm veranschaulicht das Dilemma der Start-up-Szene, die sich in diesem Markt tummelt (TaxTech). Der reelle Markt ist auf maximal 5-10k Kanzleien beschränkt. Ein echter „red ocean“. (Steuerberater Benjamin Bhatti).
Bedeutet das umgekehrt, dass man über 50 Prozent aller deutschen Steuerkanzleien abschreiben muss? Dass sie entweder aufgrund fehlender Kapazitäten und/oder fehlenden Transformationsdrucks gar kein Interesse an Digitalisierung, KI, Automatisierung, … haben?
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Dr. Roger Gothmann
Roger ist der Umsatzsteuer-Experte bei Taxdoo. Er war 14 Jahre für die Finanzverwaltung als Umsatzsteuer-Sonderprüfer und zuletzt im Bereich des Bundesfinanzministeriums tätig.
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Dr. Roger Gothmann
Roger ist der Umsatzsteuer-Experte bei Taxdoo. Er war 14 Jahre für die Finanzverwaltung als Umsatzsteuer-Sonderprüfer und zuletzt im Bereich des Bundesfinanzministeriums tätig.
Nachdem ich meinen Kids den Blogpost gestern zum Lesen gab, sprachen wir darüber, was das für ihre Welt bedeutet: Studienwahl? Zukünftig alles...
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