Zero to One: Ist generative KI die Sprunginnovation für die Buchhaltung und wie vermitteln wir zukünftig Wissen im Steuerrecht?
Es war mal wieder Zeit für eine Publikation in einer steuerlichen Fachzeitschrift – zu der für mich aktuell heißesten Frage überhaupt: Wann übernimmt generative KI die Buchhaltung (vollständig)?
Hinweis: Wer den Seitenhieb in der Überschrift nicht ganz versteht, dem sei dieser Wikipediaeintrag empfohlen. Es geht dabei im Kern um die Frage, wie echte Innovation (also von 0 auf 1) entsteht – die grundlegend anders als unsere deutsche Ingenieursmentalität ist: Bestehendes stetig zu optimieren.
Wer mich kennt, weiß, dass das Schreiben zu einer Art zweiten Passion geworden ist – ich dafür aber immer den maximalen Druck der Abgabefrist benötige. Das wird nicht nur mein Doktorvater bestätigen. Wem es ähnlich geht, dem sei gesagt: Das könnte daran liegen, dass du ein Adrenalinjunkie bist und diesen Druck einfach brauchst.
Verlassen wir aber das Feld der Selbsttherapie, setzen uns in einen gemütlichen Sessel, gießen uns einen guten Tee oder Kaffee auf und …
… schmökern in der Ausgabe der digital-steuerlichen Leitzeitschrift: beck.digitax. Auch dort ist generative KI mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Agenda geworden. Vorab gilt mein Dank an die beiden Herausgeber, die diese Plattform mehr oder weniger in ihrer Freizeit stemmen: Mathias Hildebrandt (Head of Tax bei Enpal) und Christian Kaeser (Global Head of Tax bei Siemens und aktuell sehr meinungsstark).
Wer kein digitax-Abo hat, für den fasse ich meinen Artikel kurz – soweit ich das darf – zusammen.
Zwei konkrete Experimente: KI und Buchhaltung & neue Form der Wissensvermittlung
In meinem Artikel geht es um zwei konkrete Experimente. Keine Gedankenexperimente, sondern echte Experimente, mit denen Menschen entweder Ruhm, Ehre und Geld verdienen ODER – wenn es schiefgeht – ebenjenes verbrennen und anschließend in Sack und Asche gehen, wie es im sicherheitsorientierten Deutschland so üblich ist (Augenzwinkern).
Experiment 1: Buchhaltung und generative KI
Ich bin überzeugt und sehe es selbst tagtäglich: Wir werden die Buchhaltung, die in den vielen tausenden mittelständischen Steuerkanzleien immer noch ein manuelles Massengeschäft ist, nicht unmittelbar durch Technologie und generative KI disruptieren.
Warum?
Weil die (Steuerfindungs)Prozesse und die Daten in den Unternehmen liegen und die externen Steuerkanzleien bzw. die dort tätigen Menschen (Buchhalter, Steuerfachangestellte, …) keinen unmittelbaren Zugriff auf diese Prozesse und die (Roh)Daten haben – im Gegensatz zur Buchhaltung in einem Großkonzern, wo generative KI bereits viel umfassender im Einsatz ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass mittelständische Steuerkanzleien häufig wahnsinnig heterogene Mandate haben. Kaum Kein Mandat gleicht dem anderen.
Wie kann hier eine Lösung aussehen, welche die manuellen Tätigkeiten, das Verproben der Daten, das stetige Nachhaken bei den Mandanten, … irgendwann vollständig mittels Technologie substituiert?
In a Nutshell: Eine Brückentechnologie aus ausgelagerter zentraler Buchhaltung in enger Abstimmung und Verzahnung mit den Kanzleien und den Mandanten; sowie generativer KI, die auf diesem zentralen Daten- UND Prozessschatz trainiert wird. All das natürlich in Einklang mit dem Steuerberatungsgesetz.
Warum dieser Weg?
Generative KI hat einen gewaltigen Hunger: nach Energie (Strom) und (Trainings)Daten. Für Letzteres sind die üblichen 100 bis 500 Mandate pro Kanzlei nicht hinreichend, sodass nur eine zentrale Plattform diese gewaltigen Datenmengen generieren kann. Zugleich muss über diese Plattform aber auch der Zugriff auf die Unternehmensprozesse erfolgen. Im E-Commerce sind das insbesondere die steuerlich relevanten Prozesse, die auf Transaktionsebene IN den ERPs (z.B.: JTL, Plenty, xentral, …) laufen.
Dazu bald mehr, wie ich TaxTech-Pionier und Steuerberater Martin Grau bereits gesagt habe (Augenzwinkern).
Experiment 2: neue Form der Wissensvermittlung mit allen Beteiligten
Einen großen Teil meiner Zeit verbringe ich mittlerweile mit der Wissensvermittlung im Bereich Umsatzsteuer & Technologie. Das ist meine wahre Passion. In den ersten Jahren wurde ich dabei regelmäßig ausgebremst, weil es immer hieß: Du willst doch nur deine Software verkaufen!
Ich bin daher den großen Steuer-Schulen, wie z.B. Dr. Endriss oder dem IFU Institut sehr dankbar, dass ich dort seit vielen Jahren das Gegenteil beweisen kann. Ich wäre ja selten dämlich, wenn ich in einer Schulung zur Umsatzsteuer auch nur im Ansatz Werbung für Taxdoo machen würde. Schneller könnte ich das mühsam erarbeitete Renommee kaum in die Tonne treten.
Natürlich ist der Mehrwert, den ich dabei erbringen kann, die Arbeit im Maschinenraum bei Taxdoo. Ich sehe dort tagtäglich, was sich technologisch im E-Commerce bewegt und wo der Schmerz und die Herausforderungen in den Steuerkanzleien im Nachgang auftreten.
Einer Frage bin ich aus den o.g. Gründen bislang aber immer bewusst ausgewichen: Wie setzt ihr bei Taxdoo das um?
Das IFU Institut kommt dieser Frage jetzt nach und bringt zahlreiche TaxTechs im Bereich E-Commerce nun im Rahmen eines dreitägigen Workshops zusammen. Dabei werden fachliche Inhalte (ich übernehme natürlich den Umsatzsteuer-Teil) und produktbezogene Fragen miteinander verbunden.
Zu diesem Experiment gehört Mut, der sich jetzt schon auszahlt, denn der erste Durchgang im November 2024 hat, obwohl das Marketing erst im September begann, schon jetzt hinreichend viele Teilnehmer gewonnen. Für diesen Mut danke ich dem IFU-Geschäftsführer Frederic Schürmann aufrichtig.
Eure Meinung?
Natürlich halten wir euch bei diesen beiden Experimenten auf dem Laufenden. Mich würde aber auch eure Meinung dazu interessieren. Diskutiert gerne hier (in den Kommentaren) oder über LinkedIn mit.