EU-Zollreform: 150-Euro-Grenze bei Waren aus Drittländern soll fallen

Geht es nach der EU-Kommission, soll Anfang 2028 die Zollgrenze von 150 Euro Warenwert beim Import von Gütern aus Drittstaaten entfallen. Der Vorschlag ist Teil einer Reform des Zollsystems, die eine neue EU-Zollbehörde und eine besondere Rolle für Online-Plattformen vorsieht.
Stephan Mittelhäuser
Stephan Mittelhäuser
  • 2min. Lesezeit
EU-Zollreform: 150-Euro-Grenze bei Waren aus Drittländern soll fallen

Bisher werden Einfuhren aus Drittstaaten unter 150 Euro nicht verzollt. Für die Importe zahlen Händler und Kunden in der EU nur die fällige Einfuhrumsatzsteuer. Die 150-Euro-Grenze wird von Betrügern offenbar eifrig genutzt: Bis zu 65% der unter dem Schwellenwert in die EU eingeführten Waren werden mit einem zu niedrigen Wert angemeldet, um den Zoll bei der Einfuhr zu umgehen, so die Rechnung der Kommission. Daher soll die 150 Euro Grenze entfallen. 

Dies hat auch Auswirkungen auf den Import-One-Stop-Shop (IOSS), der bisher nur auf Sendungen bis zu einem Wert von 150 Euro anwendbar ist. Im Zuge der Zollreform soll diese Grenze auch für das besondere Besteuerungsverfahren entfallen. Dies wird zum Ziel einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung beitragen, da das besondere Besteuerungsverfahren zukünftig unabhängig vom Sachwert der Waren genutzt werden kann.

Die Pläne sind Teil einer umfassenden Reform. Diese sieht den Aufbau einer neuen EU-Zollbehörde mit einer zentralen Zolldatenplattform vor. Gemäß den Vorschlägen der Kommission soll die Datenplattform ab 2028 für Sendungen des elektronischen Handels, ab 2032 auf freiwilliger Basis für alle anderen Importeure zur Verfügung stehen.

Online-Plattformen werden zu Schlüsselakteuren

Mit der Reform werden Online-Plattformen zu Schlüsselakteuren, betonte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis bei der Vorstellung der Pläne in Brüssel.

Künftig sollen die Plattformen dafür Sorge tragen, dass Zölle und Mehrwertsteuer beim Kauf entrichtet und die Verbraucher nicht länger mit versteckten Gebühren oder Formalitäten konfrontiert werden. Da Online-Plattformen die offiziellen Einführer seien, so Dombrovskis weiter, könnten die Verbraucher Gewissheit haben, dass alle Zölle entrichtet werden und ihre Einkäufe den Umwelt-, Sicherheits- sowie Ethikstandards der EU entsprechen.

Dieser Vorschlag schlägt in eine ähnliche Kerbe wie bisherige Reformvorschläge der Kommission im steuerlichen Bereich, mit denen Plattformen immer mehr in die Pflicht genommen werden.

Die erste Kritik aus der Wirtschaft erfolgte bereits kurz vor Veröffentlichung der Pläne. So sei aus Sicht der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) nicht klar, ob die Kosten der Abschaffung der 150-Euro-Grenze die Zollmehreinnahmen tatsächlich übersteigen. Kurzfristig mögliche Änderungen des Zollrechts werden nicht angegangen, etwa die Vereinfachung des EU-Zolltarifs. Zudem müsse die bislang ausgebliebene Konsultation der Wirtschaft zu den geplanten Maßnahmen „schleunigst erfolgen”, fordert die DIHK. 

Selbstverständlich behalten wir die Entwicklung im Auge und informieren Euch über die weitere Entwicklung auf diesem Blog.

4 Kommentare

    Wichtig wäre, neben Zoll auch den Verbraucherschutz zu checken: auch Waren unter 150€ sollten ALLE EU Vorschriften einhalten. Ist das gewährleistet?

    Lieber Herr Kassner,

    vielen Dank für diesen Hinweis! Ja, da stimme ich Ihnen definitiv zu – gerade mit dem Hinblick auf Temu, Shein, …

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

    Warum hat sich die EU so viel Zeit gelassen, bis das Gesetz in Kraft tritt? Bis dahin geht uns viel Geld und Produktionsstätten verloren.

    Der Beitrag, Mai 2023.
    Nie davon gehört, ist ja auch nicht so populär wie, wenn das gleiche die USA machen.

    Aber wenn Trump die Zölle aufhebt von Freibetrag einst 800 USD privat (2500 Gewerbe) — mal zum Vergleich 150 € EU..,. da blöken alle Medien und Leute die keine Ahnung haben.

    Ebenso die Einfuhrsteuer in Höhe der Umsatzsteuer, also ab 19% DE, 17-mind. 28 % eu-weit. Fällt auch ab dem 1. Cent an !!! Seit 2021. Vorher Freibetrag 20 €.

    Vergleicht mal die Zahlen.. einige Bundesstaaten erheben immer noch keine Art wie Einfuhrsteuer. Und alle anderen 6-9 %…

    Es war also je her ein Nachteil für US Verkäufer an das eigene Land zu verkaufen.

    Es ist folglich nur richtig, was Trump da eingeführt hat. Nur Medien und Politik propagieren für die Ungläubigen das Gegenteil.

    Man stelle sich vor, US Firmen wie Apple, Envidia oder Harley Davidson produzieren alles billig in Asien anstatt im eigenen Land Arbeitsplätze zu schaffen. Damit steigt auch die Kaufkraft für die dann etwas teureren Produkte. Das hat schon in der 1. Amtszeit bei Küchengeräten funktioniert.

    Für uns werden dann nur die “originalen” US Produkte teurer, die davon betroffen sind. Aber klar “alles” wird teurer wenn Gegenmaßnahmen getroffen werden – wie auch immer die aussehen sollen, da ja bereits ab 0 Euro Steuer und ab 150 € Zölle erhoben werden.

    Beispiel Fahrrad. 14 % Zoll und 19% Einfuhrsteuer wenn du als Deutscher aus der nicht. EU kaufst.
    E-Bike sogar 84 %

    Aber die anderen sind die Bösen. lächerlich

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