Es wird langsam klar: Der OSS ist nur ein Briefkasten! Was bedeutet das für Händler und Steuerberater?

Langsam wird auch dem letzten Steuer-Optimisten klar: Der OSS ist nur ein Briefkasten. Ohne steuerliche Expertise im Ausland sind Händler und Steuerberater schnell aufgeschmissen, wie aktuelle Probleme verdeutlichen.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 3min. Lesezeit
Es wird langsam klar: Der OSS ist nur ein Briefkasten! Was bedeutet das für Händler und Steuerberater?

Derzeit bekommen zunehmend mehr Onlinehändler Post aus dem EU-Ausland. Briefe aus Spanien, Finnland, Griechenland, … – häufig in der Landessprache – bringen Unternehmen, Steuerkanzleien und KI-basierte Übersetzungstools an ihre Grenzen. Es geht dabei immer um den One-Stop-Shop (OSS) und die dazugehörigen OSS-Erklärungen der Händler.

Dabei wird ein Aspekt immer offenkundiger.

Der OSS ist noch nicht die viel beschworene Compliance-Plattform im E-Commerce, die alles vereinfacht. Der OSS ist derzeit nicht viel mehr als ein elektronisches Postfach.

Die Leute hassen Klugscheißer, Besserwisser, Unkenrufer, Kassandras, … ABER ganz ehrlich: Das war absehbar – bereits Mitte 2020 (hier ein Gastbeitrag in DER BETRIEB).

Quelle: DER BETRIEB 08/2020

Der OSS steckt auf halber Strecke vor dem eigentlichen Ziel fest

Das eigentliche Ziel des OSS – der Wegfall steuerlicher Registrierungen im EU-Ausland – wurde nur auf den ersten Blick erreicht. Faktisch sind wir noch weit davon entfernt. Das liegt an den folgenden Herausforderungen.
Schaut man sich derzeit die größten Probleme an, die Händler und Steuerberater mit dem OSS haben, dann lassen sich diese wie folgt kategorisieren.

  • Die Mitgliedstaaten beginnen jetzt erst damit, die bisherigen OSS-Erklärungen seit Q3/2021 zu prüfen. Sie hinterfragen Umsätze und setzen u.a. Verspätungszuschläge fest. Ohne lokale steuerliche Expertise im EU-Ausland sind sowohl Händler als auch Steuerberater damit überfordert – siehe z.B. hier – denn der OSS ist keine automatisierte Umsatzsteuer-Compliance-Plattform, sondern nur ein schnödes Postfach.
  • Darüber hinaus obliegt immer den Bestimmungsländern die verfahrensrechtliche Abwicklung der OSS-Umsätze. Dazu gehört das Festsetzen von Verspätungszuschlägen, die Durchführung von Betriebsprüfungen und mehr.
  • Der OSS und Amazon Pan, Zalando Fulfillments, Kaufland Fulfillments, … passen nicht zusammen. Der. Der OSS ist nicht kompatibel mit modernen Logistikstrukturen – siehe z.B. hier (Artikel aus 2020).
  • Selbst dieses Postfach ist nicht immer auf der Höhe der Zeit, weil der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nicht reibungslos funktioniert – siehe z.B. hier.

Das führt natürlich zu Frust bei Unternehmen im E-Commerce. Hier ein O-Ton aus den Kommentaren im Taxdoo-Blog.

Fazit: Briefkasten mit Problemen und gleichzeitig stockt ViDA

Vom großen Ziel der EU-Kommission einer Singel-VATID; also einer einzigen steuerlichen Registrierung (im Sitzstaat) sind wir im E-Commerce noch weit entfernt. Selbst der OSS – das wird immer klarer – kommt als elektronisches Postfach an seine Grenzen. Ohne lokale steuerliche Expertise im Ausland werden zunehmend mehr Händler Probleme bekommen. Gleichzeitig hängt die so wichtige nächste Reform des Umsatzsteuerrechts – VAT in the Digital Age (ViDA) – im politischen Dickicht fest. Vor Ende 2024 wird es diesbezüglich keine Entwicklung geben.

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