Digitalsteuer ab Oktober 2024 auf Amazon? – oder die Frage der gerechten Besteuerung der Tech-Giganten

Die gerechte Besteuerung der Tech-Giganten aus den USA oder der VR China ist ein noch ungelöstes Problem. Viele von denen haben sich in Europa in Steueroasen wie z.B. Irland oder Luxemburg angesiedelt. Einige EU-Staaten haben daher eine nationale Digitalsteuer auf die Umsätze von Apple, Amazon und Co. eingeführt, welche Amazon ab Oktober 2024 an die Händler durchreichen will.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
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Digitalsteuer ab Oktober 2024 auf Amazon? – oder die Frage der gerechten Besteuerung der Tech-Giganten

Dass der E-Commerce in Europa hoch reguliert ist, wird einem regelmäßig bewusst, wenn Amazon einmal wieder über Neuerungen in den Abrechnungen berichtet. Das ist gerade geschehen und Amazon-Händler fragen sich: Digitalsteuer? Was ist das? Muss ich das jetzt zahlen?

Fangen wir – wie immer – von vorne an.

Digitalsteuer ODER die Frage der gerechten Besteuerung der Tech-Giganten

Nicht erst seit dem NVIDIA-Hype, der zugleich zu Luxusproblemen geführt hat (= Mitarbeiter als träge Millionäre), wissen wir, dass die großen Technologie-Plattformen aus den USA und der VR China eine gewaltige Wertschöpfung erzielen – weltweit.

Hintergrund: Unternehmen mit (Haupt)Sitz in der Europäischen Union unterliegen einem durchschnittlichen Steuersatz von 23,2 Prozent. Unternehmen, die im Wesentlichen digitale Dientleistungen (Facebook, Temu, Amazon, Apple…) in der EU erbringen und ihre Niederlassung daher häufig in der EU-Steueroasen wie z.B. Irland oder Luxemburg wählen, liegen dagegen im Durchschnitt bei 9,5 Prozent. Den Mitgliedstaaten entgehen daher nach Schätzungen Jahr für Jahr Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. (Quelle: ZGV)

Aus diesem Grund wird auf EU-Ebene seit vielen Jahren über die Einführung einer sogenannten Digitalsteuer diskutiert, die sich Unternehmen durch Sitzverlagerungen oder die komplexe Auslagerung von Patanten, Rechten, … nicht entziehen können. Zudem soll die Bemessungsgrundlage eine Größe sein, die vermutlich selbst Cum-Ex-Experten wie Hanno Berger oder Freshfields nicht kleinrechnen können: der Umsatz.

Dabei liegt die Empfehlung der EU-Kommission bei einem Steuersatz von 3 Prozent.

Digitalsteuer: Status Quo?

Eine EU-weite Digitalsteuer gibt es bis heute nicht. Rhetorische Frage: Ratet mal, welche Staaten sich hier sperren?

Dennoch sind mittlerweile einzelne EU-Staaten vorgeprescht und haben einfach eine nationale Digitalsteuer eingeführt. Den Beginn machte bereits zum 1.1.2019 Frankreich mit 3 Prozent französischer Digitalsteuer. Es folgten dann Italien, Spanien und weitere Staaten.

Irland, Luxemburg aber auch Deutschland verzichten weiterhin auf diese Steuereinnahmen.

Wie in einer Marktwirtschaft üblich, können Unternehmen diese Steuerlast ganz oder teilweise an ihre Kunden (B2B und B2C) durchreichen. Amazon plant das jetzt ab Oktober 2024.

Amazon reicht ab Oktober 2024 Digitalsteuer an Händler weiter

Einer dieser Tech-Giganten, der in Frankreich, Italien, … der jeweils nationalen Digitalsteuer unterliegt, ist Amazon. Amazon wird zudem diese Digitalsteuer ab Oktober 2024 an die Händler weiterreichen, wie man kürzlich aus der Niederlassung in Luxemburg (hehe!) an alle Amazon-Händler schrieb.

Hier folgt das Schreiben von Ende August 2024 im Original.

Am 1. Oktober 2024 führen wir eine Gebühr für die Steuer für digitale Dienstleistungen ein, die von den Regierungen des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Kanadas implementiert werden.

Während der übliche Steuersatz für digitale Dienstleistungen im Vereinigten Königreich bei 2 % und in Frankreich, Italien, Spanien und Kanada bei 3 % liegt, sind die Steuergebühren für digitale Dienstleistungen unvorhersehbar, da sie je nach Standort Ihres Unternehmens, Standort des Käufers und anderen Faktoren variieren. Anstatt die Gebühr für digitale Dienstleistungen anhand dieser Standortvariablen zu berechnen, was einen unvorhersehbaren Einfluss auf Ihr Unternehmen ausüben würde, da Sie den Standort der Kunden, die Ihre Produkte kaufen, nicht kennen können, führen wir eine feste Gebühr für digitale Dienstleistungen ein, die nur auf Ihrem Standort und dem Store basiert, in dem Sie verkaufen.

Die Gebühr für digitale Dienstleistungen wird nicht auf Verkäufe im Inland erhoben, wenn Sie in Deutschland ansässig sind und im deutschen Store verkaufen. Außerdem wird die Gebühr nicht erhoben, wenn Ihr Unternehmen in einem Land niedergelassen ist, in dem keine Steuer für digitale Dienstleistungen eingeführt wurde, und Sie im deutschen Store verkaufen.

Wenn Sie im deutschen Store verkaufen, Ihr Unternehmen aber in einem Land niedergelassen ist, in dem die Steuer für digitale Dienstleistungen eingeführt wurde, fällt die Gebühr für digitale Dienstleistungen an. Die Gebühren und der Geltungsbereich hängen vom Land ab, in dem Ihr Unternehmen ansässig ist. Beispiel:

Wenn Ihr Unternehmen seinen Sitz in Italien hat und Sie einen Artikel im Wert von 15 € in Deutschland verkaufen, wird für Verkäufe ab dem 1. Oktober eine Gebühr für digitale Dienstleistungen von 3 % (0,07 €) auf Gebühren für Verkaufen bei Amazon (2,25 €) berechnet.

Was bedeutet das jetzt?

Wie immer gilt: Man muss die Mitteilungen von Amazon mehr als einmal lesen, um wirklich alles zu verstehen. Was auf jeden Fall klar erscheint.

  • Amazon-Händler mit Sitz in Deutschland, die ausschließlich über Amazon in Deutschland verkaufen, werden von der Durchreichung der Digitalsteuer nicht betroffen sein.
  • Einen wichtigen Fall, der in dieser Nachricht nicht angesprochen wird: Deutsche Amazon-Händler verkauft über amazon.fr. Laut der o.g. Logik könnten diese Händler von der Weiterreichung betroffen sein.

Da wir in absehbarer Zeit die Abrechnungen von Amazon einsehen werden, werden wir Euch diesbezüglich auf dem Laufenden halten.

Wie ist Eure Meinung zum Thema Digitalsteuer? Findet Ihr das gerecht – auch Amazons Vorgehensweise? Schreibt mir hier in den Kommentaren!

Weiterreichen/Durchreichen der Digitalsteuer: beschäftigte 2019 bereits den Bundestag und die Bundesregierung

Bereits 2019 fragte die Bundestagsfraktion der FDP die Bundesregierung zum Thema Digitalsteuer und ob ein Weiterreichen der Steuer – z.B. an die Händler auf Amazon – dem Ziel einer gerechten Besteuerung der Tech-Giganten nicht zuwiderlaufe.

Die Fragen und die Antworten findet ihr hier.

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