Amazon Pan EU: Italien prüft alte Umsatzsteuer-Jahreserklärungen und mahnt Händler ohne Vorwarnung

Deutsche Amazon-Händler im Visier des italienischen Finanzamtes: Wer FBA-Lager in Italien genutzt hat, bekommt aktuell teure Post – im Durchschnitt 5.000 bis 20.000 € Nachforderung. Warum du schnell reagieren musst und was jetzt zählt, erklären wir dir in diesem Artikel.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 2min. Lesezeit
Amazon Pan EU: Italien prüft alte Umsatzsteuer-Jahreserklärungen und mahnt Händler ohne Vorwarnung

Immer wieder berichten Händler davon, Post aus Italien zu erhalten. Der Absender? Die Agenzia delle Entrate – Riscossione, die italienische Finanzverwaltung. Inhalt: Eine Zahlungsaufforderung wegen nicht erklärter oder nicht abgeführter italienischer Umsatzsteuer (IVA) – oft für Zeiträume, die bis zu zehn Jahre zurückliegen.

Was steckt dahinter?

Italien nutzt seit einiger Zeit automatisierte Verfahren, um länderübergreifende Steuerrisiken systematisch auszuwerten. Besonders im Fokus: Fulfillment-Strukturen über Amazon FBA – insbesondere, wenn Waren über das Amazon-Lager in Castel San Giovanni oder andere italienische Standorte versendet wurden. Wer in solchen Fällen keine italienische USt-Registrierung vorgenommen hat, kann nun rückwirkend zur Kasse gebeten werden.

Auch erhalten Händler, die in Italien registriert sind und regelmäßig ihre Umsatzsteuer-Erklärungen abgegeben haben, ohne Vorwarnung Mahnungen.

Typischer Aufbau der Mahnung

  • Forderungssumme oftmals zwischen 5.000 € und 20.000 €
  • für zurückliegende Jahre, meistens für 4-5 Jahre rückwirkend
  • Forderungssumme besteht aus Umsatzsteuer (“IVA”) zzgl. Zinsen und Strafen
  • 60-Tage-Frist zur Zahlung oder zum Einspruch
  • Androhung der Vollstreckung bei Nichtreaktion

Warum das kein Einzelfall ist

Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern der Beginn einer neuen Phase der europäischen Steuertransparenz. Tatsächlich sehen wir diesen Trend seit einiger Zeit jedes Jahr nach Abschluss der italienischen Jahresmeldungen für das Vorjahr. Italien ist eines der ersten Länder, das diese Datenlücken systematisch auswertet. Auch andere Länder wie Spanien oder Frankreich setzen zunehmend auf ähnliche Auswertungen. Die Grundlage: Plattformdaten, OSS-Meldungen, Lagerbewegungen – und die enge Zusammenarbeit der europäischen Steuerbehörden.

Was betroffene Händler jetzt tun sollten

  1. Nicht ignorieren: Die Schreiben sind rechtsverbindlich und können zu Vollstreckungen führen.
  2. Fristen prüfen: In der Regel bleiben nur 60 Tage für eine Reaktion.
  3. Beratung einholen: Die Einschaltung eines spezialisierten Steuerberaters mit Italien-Expertise ist dringend zu empfehlen.
  4. Prüfung der Sachlage: Nicht jede Forderung ist korrekt oder verjährt ausgeschlossen.

Fazit

Die Zeit der laschen Umsatzsteuer-Praxis im grenzüberschreitenden E-Commerce ist vorbei. Wer Amazon FBA nutzt oder in der Vergangenheit genutzt hat, sollte seine steuerlichen Spuren in den EU-Staaten kennen – und handeln, bevor es teuer wird.

2 Kommentare

    Guten Morgen. Wir waren einer der Leidtragenden.

    Falls es noch andere betreffen sollte, hier mal unser Weg.

    Wir haben im Januar 2025 ein 16seitiges Einschreiben aus Italien erhalten.

    Agenzia delle Entrate … IVA non residenti anno 2020 … 29.621,26 EUR.

    Es betraf nur das Jahr 2020 inkl. Gebühren / Strafen / Zinsen usw.

    Nach dem ersten Schock erstmal alles in Ruhe aufgeschlüsselt. Von uns wurde alles in 2020 (nahezu) ordentlich gemeldet und bezahlt.
    Also jeden angemahnten Posten genau mit den Daten der Meldung und der Zahlung markiert.
    Auch die Kontoauszüge dazu mit den Überweisungen, Jahresmeldung und und und …

    Das Ganze per eMail an die „verantwortliche Person: Tiziana Capaldo“ gesendet … wie immer: keine Antwort. Nochmal gesendet und im CC eine allgemeine Stelle für Mehrwertsteuer-Angelegenheiten (dp.verona@agenziaentrate.it). Anschließend kam eine Mail, dass die eMail an die „richtige Stelle“ weitergeleitet wurde – an: cop.pescara@agenziaentrate.it.
    Aber es kam immer noch nichts. Also nochmal nachhaken.

    Nun hat sich tatsächlich mal ein „Ansprechpartner für diesen Fall“ gemeldet. Ich weiß nicht, ob ich den Namen und die eMail-Adresse hier öffentlich nennen darf.

    Dieser nette Herr schrieb folgendes: (Übersetz)

    „Guten Morgen Herr xxx,

    ich wende mich an Sie in meiner Eigenschaft als der für den betreffenden Fall zuständigen Ansprechpartner.

    Ich habe die Unterlagen geprüft und eine Entlastungsmaßnahme vorbereitet. Die Akte wird jetzt von den Verantwortlichen zur endgültigen Genehmigung geprüft.

    Ich werde mich so bald wie möglich mit Ihnen in Verbindung setzen.

    Mit freundlichen Grüßen.“

    Und so wurde im Nachhinein aus 29.621,26 EUR nur 345 EUR und ein paar neue graue Haare 😉

    An alle Leidtragenden: ihr müsst alles genau aufschlüsseln und aufzeigen wann wie wo was gemeldet und überwiesen wurde. Viel Erfolg

    Moin Hardy,

    vielen Dank für diese Einblicke und den Mut, hier nicht locker zu lassen.

    Das betrifft in der Tat viele Händler. Italien arbeitet da leider intern nicht sehr sauber. Also: Unbedingt diese Schreiben hinterfragen!

    Viele Grüße
    Roger Gothmann

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