Umsatzsteuereinnahmen aus OSS und IOSS: Grund zum Jubeln?

Die Generaldirektion Steuern und Zollunion hat Zahlen zu den Umsatzsteuereinnahmen seit Einführung des One Stop Shop (OSS) und des Import One Stop Shop (IOSS) zum 1. Juli 2021 veröffentlicht. In Brüssel zeigt man sich mit den Einnahmen zufrieden. Doch die Zufriedenheit könnte höher ausfallen.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
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Umsatzsteuereinnahmen aus OSS und IOSS: Grund zum Jubeln?

Die Generaldirektion Steuern und Zollunion hat Zahlen zu den Umsatzsteuereinnahmen seit der Einführung des One Stop Shop (OSS) und des Import One Stop Shop (IOSS) zum 1. Juli 2021 veröffentlicht. In Brüssel zeigt man sich mit den Einnahmen zufrieden. Doch meines Erachtens gibt es noch Luft nach oben.

In den ersten sechs Monaten seit Bestehen des OSS erzielten die EU-Mitgliedsländer nach Angaben der Generaldirektion Umsatzsteuereinnahmen über den OSS in Höhe von 6,8 Milliarden Euro. Dazu kamen über 2 Milliarden Euro, die mit der Einfuhr von Sendungen aus Drittstaaten mit einem Sachwert bis zu 150 Euro kassiert wurden. Mehr als die Hälfte davon – rund 1,1 Milliarden Euro – wurde über den IOSS erhoben. 

Die zum 1. Juli 2021 abgeschaffte Zoll- und Umsatzsteuerbefreiung für Waren mit einem Wert bis 22 Euro spülte fast 700 Millionen Euro in die Kassen. Weitere 270 Millionen Euro kamen durch die korrekte Bewertung des Sachwerts im Rahmen des IOSS hinzu. 

Generaldirektion verbucht die Zahlen als Erfolg

Unter dem Strich summieren sich die Einnahmen auf knapp 10 Milliarden Euro. Die Generaldirektion verbucht dies als Erfolg der Umsatzsteuerreform für den Onlinehandel. Doch die Einnahmen könnten noch höher ausfallen. Denn vor allem Lieferungen aus Drittstaaten in die EU bleiben weiterhin betrugsanfällig. Gerade bei diesen Lieferungen sollte die Umsatzsteuerreform mithilfe des IOSS den Umsatzsteuerbetrug eindämmen. Mit Blick auf die Zahlen ist dies (zumindest teilweise) auch gelungen. Dennoch ist davon auszugehen, dass für diese Lieferungen weiterhin nur ein Bruchteil der Umsatzsteuer erhoben wird, die eigentlich anfallen müsste.

Ein Grund: Im Rahmen des IOSS kann die Umsatzsteuer für Fernverkäufe aus Drittstaaten mit einem Sachwert von bis zu 150 Euro deklariert werden. Diese Lieferungen sind von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Das Problem: Aufgrund der großen Sendungsmengen kann der Zoll mit Blick auf den korrekten Sachwert nur einen Bruchteil der importierten Pakete überprüfen. Betrugsfälle in den Post- und Paketzentren großflächig aufdecken? Nahezu unmöglich. 

Ein weiterer Grund: Die Teilnahme am IOSS-Verfahren ist nur mit einer gültigen IOSS Identifikationsnummer (IOSS-ID) möglich, die auch in der Zollanmeldung nicht fehlen darf. Die Praxis zeigt allerdings, dass viele Lieferanten aus Drittländern häufig ohne Scham frei zugängliche IOSS-ID anderer Unternehmen angeben und sich damit die Steuerfreiheit in der EU ergaunern. 

Steuerhinterziehung dürfte weitergehen 

Die Umsatzsteuereinnahmen aus den ersten sechs (I)OSS-Monaten lassen die Generaldirektion zwar jubeln. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Steuerhinterziehung weitergeht und vor allem bei Lieferungen aus Drittstaaten in die EU nur ein Bruchteil der Umsatzsteuer erhoben wird, die anfallen müsste. Um dies zu ändern, fehlt es den Behörden in der EU häufig an der notwendigen personellen Kapazität oder der erforderlichen Technik. Mit einer entsprechenden Ausstattung wäre hier definitiv noch mehr zu holen.

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