Gewerbeversicherung – das müsst Ihr wissen
Gewerbetreibende müssen sich in der Gründungsphase mit vielen Fragen auseinandersetzen – zum Beispiel, welche Rechtsform in Frage kommt, und ob sie ein Haupt- oder Nebengewerbe anmelden möchten. Genauso wichtig ist es, sich über die verschiedenen Gewerbeversicherungen zu informieren, die für die eigene Unternehmensbranche relevant sind.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Gewerbeversicherung?
Wenn ihr ein Gewerbe führt oder freiberuflich tätig seid, solltet ihr euch frühzeitig mit den Rechten und Pflichten des Unternehmerdaseins beschäftigen – und natürlich auch mit den finanziellen Risiken. In Deutschland seid ihr als Unternehmer zum Beispiel dazu verpflichtet, für Schäden aufzukommen, die ihr verschuldet habt. Personen-, Sach- oder Vermögensschäden können ohne eine Unternehmenshaftpflichtversicherung schnell teuer und sogar existenzbedrohend werden. Zudem schützen euch Gewerbeversicherungen vor Schäden am Eigentum, beispielsweise bei Diebstahl, Bränden oder Cyberangriffen.
Gewerbeversicherungen, auch Firmenversicherungen genannt, sind in der Regel gebündelte Versicherungen gegen verschiedenste Schadensfälle und finanzielle Risiken aus der selbstständigen Tätigkeit. Grundsätzlich unterscheidet man in Versicherungsschutz bei Schäden am Eigentum und an Dritten. Zu letzteren zählen unter anderem die Haftpflicht (auch Unternehmenshaftpflicht genannt) oder die Rechtsschutzversicherung.
Gut zu wissen
Habt ihr die für euren Business-Case relevanten Firmenversicherungen abgeschlossen, seid ihr bei Schäden im eigenen Betrieb und vor Schadensersatzansprüchen Dritter abgesichert – selbst bei Eigenverschulden.
Müsst ihr immer eine Gewerbeversicherung abschließen?
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ihr euch bei jeder Firmengründung um eine rechtliche Absicherung kümmern solltet. Wenn ihr euch mit dem Thema beschäftigt, werden ihr jedoch schnell feststellen, dass es nicht die eine Gewerbeversicherung gibt, die für jede Branche und unabhängig von der Berufsgruppe die beste Wahl ist. Stattdessen müsst ihr herausfinden, welcher Versicherungsschutz für eure Firma respektive Existenzsicherung notwendig und ratsam ist.
Darüber hinaus sind manche Gewerbeversicherungen für Gewerbetreibende und Freiberufler sogar verpflichtend. Vor allem die Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung, also die Absicherung gegen Schäden, die man selbst bei Dritten verursacht, ist bei zahlreichen Berufsgruppen vorgeschrieben.
Beispiel
Es gibt Pflichtversicherungen für Selbstständige in heilenden Berufen (spezielle Berufshaftplichten für Ärzte und Heilpraktiker) oder verpflichtende Insolvenzversicherungen für Reiseveranstalter. Ebenso müssen Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater – also Berufe mit beratender Funktion – verpflichtend eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abschließen.
Doch wie findet ihr nun heraus, welche Gewerbeversicherung für eure Firma gesetzlich vorgeschrieben ist? Im ersten Schritt recherchiert ihr selbst in den für eure Geschäftstätigkeit geltenden Gesetzestexten bzw. nach entsprechenden Informationen eurer Berufskammer.
Tipp:
Auf den Websites der landesweiten Industrie- und Handelskammern (IHK) könnt ihr euch dazu weiterführende Merkblätter kostenlos herunterladen – zum Beispiel: „Welche Versicherungen braucht ihr Unternehmen?“ (IHK München).
Firmenversicherungen online vergleichen
Zudem gibt es im Internet zahlreiche Portale mit maßgeschneiderten Versicherungspaketen, die genau die Risiken abdecken, die euer Geschäftsmodell mit sich bringt.
Um einen ganzheitlichen Überblick zu den einzelnen Gewerbeversicherungen und passenden Angeboten zu bekommen, lohnt sich ein Blick in Online-Vergleichsportale wie Finanzchef24 oder Verivox. Zudem solltet ihr verschiedene Firmenversicherungen miteinander vergleichen.
Damit euch die Versicherungspakete der verschiedenen Versicherungsdienstleister angezeigt werden, müsst ihr lediglich ein paar Angaben zu eurer geplanten Tätigkeit in die Suchmasken eingeben. Wenn ihr das nicht möchtet, reicht aber auch das Stichwort eures Kerngeschäfts.
Wollt ihr beispielsweise einen Online-Shop gründen, gebt ihr „Onlinehandel“ in die Suchmaske des Vergleichsportals ein. Nach einem Klick werden euch dann die empfohlenen Gewerbeversicherungen angezeigt.
Gewerbeversicherungen im Vergleich: Welche braucht es im Onlinehandel?
Ihr wisst nun, dass je nach Betriebsart bzw. Rechtsform, Tätigkeitsfeld und individuellen Unternehmensverhältnissen unterschiedliche Gewerbeversicherungen in Frage kommen oder sogar gesetzlich vorgeschrieben sind.
Doch was heißt das konkret? Versuchen wir, die Frage praxisnah zu beantworten. Dazu haben wir euch exemplarisch die wichtigsten Gewerbeversicherungen zusammengetragen, die ihr abschließen solltet, wenn ihr als Onlinehändler im E-Commerce-Geschäft tätig seid.
Betriebshaftpflicht
Die Betriebshaftpflichtversicherung schützt euch als Onlinehändler vor Schadenersatzansprüchen durch geschädigte Dritte, zum Beispiel Kunden von euch. Die versicherten Leistungen betreffen Personen-, Sach- und (teilweise auch) Vermögensschäden.
Wenn ihr keine Betriebshaftpflicht abschließt, haftet ihr je nach Rechtsform uneingeschränkt (z. B. bei der offenen Handelsgesellschaft, kurz: OHG) mit eurem privaten Vermögen für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Kurzum: Die Betriebshaftpflicht gehört zu den wichtigsten Gewerbeversicherungen. Ihr solltet sie in jedem Fall abschließen, z. B. auch als Kleinunternehmer.
Beispiel(e):
Da ihr ein Start-Up seid, verschickt ihr eure Waren noch nicht automatisiert über einen externen Logistikpartner, sondern verpackt und verschickt (zumindest in der eigenen Stadt) alles selbst. Vor der Postfiliale stellt ihr das auszuliefernde Paket ungeschickt auf den Bürgersteig, wodurch ein Passant darüber stürzt und sich den Knöchel bricht. Es könnte auch sein, dass einer euer Mitarbeiter die Pakete mit einem gemieteten PKW ausliefert und diesen dabei unbeabsichtigt beschädigt. In beiden Fällen kommt eure Betriebshaftpflicht für die daraus erhobenen Schadensersatzforderungen auf.
Berufshaftpflicht
Vorweg: Eure private Haftpflichtversicherung deckt nicht automatisch betriebliche Haftpflichtrisikofälle ab! Als Onlinehändler seid ihr zwar nicht dazu verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, jedoch raten Experten und Handelskammern dringend dazu.
Oft werden die gewerbliche Betriebs und Berufshaftpflichtversicherung synonym verwendet. Das liegt vor allem daran, dass beide Policen Personen- und Sachschäden abdecken. Die Berufshaftpflicht deckt darüber hinaus auch finanzielle Folge- bzw. Vermögensschäden durch entstandene Sachschäden ab.
Beispiel:
Für eine neue Produktkollektion wollt ihr sowohl online als auch offline werben. Hierfür arbeitet ihr mit einem freiberuflichen Grafikdesigner zusammen, der für die neue Kampagne Flyer erstellt und diese über einen Copy-Shop drucken lässt. Allerdings hat der Freelancer wichtige Daten vertauscht, und nun müsst ihr die gesamte Produktion noch einmal beim Copy-Shop in Auftrag geben. Die entstandenen Kosten stellt ihr dem Freelancer in Rechnung, dieser kann sie über seine Berufshaftpflicht zurückholen.
Rechtsschutzversicherung
Die Firmenrechtsschutzversicherung ist das Pendant zur privaten Rechtsschutzversicherung. Als Unternehmer, vor allem wenn ihr gerade erst gegründet habt und der Finanzplan knapp kalkuliert ist, solltet ihr auf die gewerbliche Rechtsschutzversicherung nicht verzichten. Sie deckt die Kosten für Rechtsstreitigkeiten ab, etwa wenn gegen euch bzw. eure Mitarbeiter Schadensersatzansprüche gestellt werden.
Beispiel(e):
Ihr bekommt von einer Rechtskanzlei ein Schreiben, aus dem hervorgeht, dass eine konkurrierende Firma einen Unterlassungsanspruch sowie Schadensersatz wegen Markenrechtsverletzung gegen euch erhebt. Selbst wenn ihr euch vor der Gründung intensiv mit der Namensfindung und dem Thema „Markenname schützen“ befasst habt, ihr euch also sicher seid, im Recht zu sein: Ihr solltet den Fall lieber über einen Anwalt klären lassen. Die Gewerberechtsschutzversicherung übernimmt dafür die Anwalts- und Prozesskosten
Inhaltsversicherung
Eine Inhaltsversicherung ist im Grunde für jedes Gewerbe wichtig, denn damit sichert ihr Arbeitsgeräte, Waren und Büroeinrichtung ab. Nicht nur Reparatur- und Wiederherstellungskosten werden dann ersetzt, auch etwaige Umsatzausfälle werden durch die Inhaltsversicherung mitgetragen.
Beispiel(e):
In der Etage über eurem Büro kommt es zu einem Rohrbruch, wodurch Teile eurer Büroeinrichtung beschädigt werden. Die abgeschlossene Inhaltsversicherung deckt die anfallenden Reparaturkosten ab. Im Übrigen greift sie auch im Fall eines Einbruchdiebstahls, bei Sturm oder Bränden.
Transportversicherung
Eine abgeschlossene Transportversicherung schützt euch, wenn Waren beim Transport beschädigt werden oder gar verlorengehen. Hierfür gibt es unterschiedliche Szenarien, zum Beispiel den Schutz bei Eigen- bzw. Fremdtransport sowie den Schutz eigener oder fremder Waren.
Beispiel(e):
Ihr beauftragt eine Speditionsfirma zur Warenauslieferung. Der Fahrer der Spedition handelt dabei grob fahrlässig, da er viel zu schnell fährt und dadurch einen Unfall baut. Für die entstandenen Sachschäden muss zwar die Speditionsfirma aufkommen. Mit einer zusätzlichen Warentransportversicherung könnt ihr euch aber wirklich sicher sein, nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Cyber-Versicherung
„Alles ist hackbar“, ist eine viel zitierte Phrase in den Medien. In den letzten Jahren hört man immer häufiger davon, dass Unternehmen Opfer von Hackerattacken werden. Im Fall eines Hackerangriffs bekommt ihr mit einer Cyber-Versicherung die Kosten für die Wiederherstellungsmaßnahmen gestohlener eigener bzw. dritter Daten (teilweise) erstattet. Auch der durch den Hackerangriff entstandene Umsatzausfall ist hierbei mit abgedeckt.
Beispiel(e):
Ihr beauftragt eine Speditionsfirma zur Warenauslieferung. Der Fahrer der Spedition handelt dabei grob fahrlässig, da er viel zu schnell fährt und dadurch einen Unfall baut. Für die entstandenen Sachschäden muss zwar die Speditionsfirma aufkommen. Mit einer zusätzlichen Warentransportversicherung könnt ihr euch aber wirklich sicher sein, nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Gut zu wissen:
Welche Gewerbeversicherungen letztendlich für euch notwendig und welche erstmal weniger relevant sind, lässt sich nicht pauschal sagen. Als Neu-Gründer solltet ihr hier lieber mehr Zeit in die Recherche investieren und die Kosten gegen den tatsächlichen Nutzen abwägen. Hierfür erstellt ihr am besten eine Risikoanalyse und gleicht diese anschließend mit den Empfehlungen eines Online-Vergleichsportals ab (eine Bedarfsanalyse ist unverbindlich und kostet euch erst einmal nichts).
Gewerbeversicherung: Mit welchen Kosten müsst ihr rechnen?
Die Kosten und die Versicherungssumme (auch Deckungssumme genannt) einer Gewerbeversicherung richten sich primär nach dem zu versichernden Risiko. Als Onlinehändler tragt ihr beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Vermögensschäden als Folge von Cyber-Attacken. Die Kosten einer Firmenversicherung sind generell von mehreren Faktoren abhängig:
- Mitarbeiteranzahl und Größe des Betriebs
- erwirtschafteter Jahresumsatz
- Leistungsumfang der Police
- Höhe der Versicherungssumme
- Höhe der Selbstbeteiligung
- Vertragslaufzeit
Prinzipiell gilt:
Eine Gewerbeversicherung sollte den größtmöglichen Schadensfall abdecken. Je höher das Risiko für den tatsächlichen Eintritt des potenziellen Schadens ist, desto höher müsst ihr die Deckungssumme kalkulieren. Zusammen mit der gewählten Selbstbeteiligung ergibt sich daraus eure jährliche Beitragshöhe.
Fazit: Am besten frühzeitig um passende Gewerbeversicherungen kümmern
Wer Unternehmer ist, muss bzw. sollte sich gegen verschiedene Geschäftsrisiken absichern – dafür gibt es Gewerbe- bzw. Firmenversicherungen. Sie decken sowohl selbst- als auch fremdverschuldete Schäden ab. Doch es gibt nicht den einen Versicherungsschutz für alle Berufe.
Welche Gewerbeversicherung verpflichtend oder sinnvoll ist, hängt von der Betriebsart und den gesetzlichen Vorschriften der Berufsgruppe ab. Experten raten hierfür zu maßgeschneiderten Versicherungslösungen, die ihr auf Vergleichsportalen im Internet kostenlos miteinander vergleichen könnt.
Haftungsausschluss:
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