E-Rechnung, Vorsteuer und Vorsteuerabzug

Die E-Rechnung ist da – so halb. Viele Unternehmen müssen in 2025 E-Rechnungen zumindest empfangen können. Bei jedem Steuerrechtler klingeln da sofort die Alarmglocken und es stellt sich die Frage: Was bedeutet das für den Vorsteuerabzug? Genau das haben die Mitglieder des TeCIT-Clubs heute diskutiert.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 5min. Lesezeit
E-Rechnung, Vorsteuer und Vorsteuerabzug

Pflicht zur E-Rechnung? Seit dem 1.1.2025 gilt für viele Unternehmen in Deutschland die Pflicht, E-Rechnungen empfangen zu können. Die Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen wird dann 2027 und 2028 in zwei Etappen eingeführt. Daher stellt sich aktuell insbesondere die Frage, inwieweit E-Rechnungen und die damit verbundenen neuen Prozesse Einfluss auf Vorsteuern bzw. den Vorsteuerabzug haben.

Diese Fragestellung wurde im monatlichen Treffen des TeCIT Club e.V. – einer gemeinnützigen Plattform von und für Steuerexperten aus der digitalen Ökonomie – am 10. Januar 2025 diskutiert. Dabei standen die beiden Umsatzsteuer-Experten Matthias Luther und David R. Dietsch den Mitgliedern des TeCIT-Clubs Rede und Antwort.

Bevor ich an dieser Stelle einen kurzen Überblick zu der Diskussion der Mitglieder gebe, welche alle aus der Beratung, aus Unternehmen und der Finanzverwaltung stammen, soll nochmals kurz und kompakt das Rechnungs-Risiko beim Vorsteuerabzug vor Augen geführt werden.

Davor wiederum beginnen wir mit einem kurzen Exkurs zu den beiden wichtigsten E-Rechnungs-Formaten.

Exkurs: XRechnung und ZUGFerD

David R. Dietsch stellte zu Beginn seines TeCIT-Vortrags nochmals kompakt die beiden wesentlichen E-Rechnung-Formate vor:

  • XRechnung (XML-Datensatz) und
  • ZUGFerD (XML-Datensatz + PDF).

Betrachtet man die vorherige Diskussion, dann bietet ZUGFerD aktuell noch den vermeintlichen Vorteil, dass es faktisch eine XRechnung mit einem PDF im Gepäck ist. Dieses PDF könnte daher – mindestens noch in 2025 – den Vorsteuerabzug retten, soweit die XRechnung unvollständig, kaputt oder was-auch-immer ist. Da das PDF letztendlich aber nichts anderes als eine Visualisierung des XML-Datensatzes ist, läuft dieser vermeintliche Vorteil ins Leere.

Quelle: TeCIT Club e.V. / David R. Dietsch / greenfield

Warum machen wir eigentlich aus Umsatzsteuersicht so ein Gewese um DIE Rechnung? Das hängt mit dem Vorsteuerabzug zusammen und das wird sich auch mit der E-Rechnung nicht ändern.

Ordnungsgemäße (E-)Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug(?)

Regelmäßig taucht in der Steuerliteratur die Frage auf, ob denn für den Vorsteuerabzug nach EU-Recht eigentlich eine Rechnung benötigt wird. Blickt man in das deutsche Umsatzsteuergesetz, ist die Lage eindeutig und für einen deutschen Finanzbeamten sogar glasklar.

§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG: Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. (…)

Diese Anforderung war zuletzt Amazon und den vielen Millionen Amazon-Händlern auf die Füße gefallen – siehe hier – weil Amazon im Rahmen einer Umstellung der Abrechnungen keine ordnungsgemäßen Rechnungen über zahlreiche Gebühren mehr ausstellen konnte.

Kommen wir aber zurück zur E-Rechnung und der Frage: Was ist die Rechtsfolge, wenn ein Unternehmen in 2025 und später eine unvollständige bzw. nicht Standard-konforme E-Rechnung erhält? Vorsteuerabzug: ja oder nein?

Mit dieser Fragestelle beschäftigte sich zuletzt auch die Finanzverwaltung, sodass das Ganze in einem BMF-Schreiben (15.10.2024) mündete, das unter den Teilnehmer diskutiert wurde.

Kontrovers wurde unter den TeCIT-Mitgliedern die Randziffer 58 des BMF-Schreibens diskutiert:

Rz. 58: Ohne Berichtigung können die Angaben einer sonstigen Rechnung (Anm.: z.B. ein PDF-Format) als objektive Nachweise für den Vorsteuerabzug dienen. Das ist regelmäßig erfüllt, wenn die sonstige Rechnung inhaltlich richtig und vollständig ist.

Am Ende waren sich alle einig, dass diese Sichtweise der Finanzverwaltung dazu führen wird, der Papier- und der PDF-Rechnung noch ein langes Leben zu bescheren, weil diese im Zweifel auch jetzt und nach 2025 immer noch zum Vorsteuerabzug berechtigen wird. Ist das also wirklich der Digitalisierungskatalysator, als der die E-Rechnung gerne bezeichnet wird? Oder ist das die Unterminierung eines sinnvollen digitalen Standards?

Matthias Luther hat daraus einen Prüfprozess abgeleitet, welchen er den TeCIT-Mitgliedern vorstellte.

Prozess: Prüfung (E-)Rechnung und Vorsteuerabzug

Quelle: TeCIT Club e.V. / Matthias Luther

Am Ende der Diskussion wurde der Unterschied zwischen der Validierung und der Visualisierung von E-Rechnungen besprochen.

Visualisierung versus Validierung von E-Rechnungen

Tools, wie das folgende, das ihr über ELSTER nutzen könnt, machen nichts anderes, als die XML-Dateien zu visualisieren. Sie bewerten aber nicht, ob eine ordnungsgemäße E-Rechnung i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 4 UStG vorliegt (= validieren).

Quelle: https://www.elster.de/eportal/e-rechnung

E-Rechnungs-Validatoren, die diesen Job übernehmen können, basieren im Kern auf einer Open-Source-Struktur, wie sie die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) überwacht und zur Verfügung stellt, sodass ihr euch einen E-Rechnungs-Validator auch selbst bauen könnt.

Quelle: https://github.com/itplr-kosit/validator-configuration-xrechnung

David R. Dietsch wies darauf hin, dass ein Großteil der Validatoren, die aktuell um Umlauf sind, lediglich die Konsistenz der Datenstruktur prüfen – aber nicht den Inhalt. Somit bedarf es bespielsweise weiterhin eines nachgelagerten Prozesses zu Validierung der UStID-Nr. oder eines korrekten Rechnungs- und Leistungsdatums.

Fazit: Viel Nebel, der sich erst 2027 auflösen wird

Spricht man derzeit mit Verantwortlichen aus Steuerabteilungen von Konzernen und Mittelständlern, so hört man, dass die meisten auf die Ausstellung von E-Rechnungen noch verzichten. Somit dürfte vermutlich erst 2027 das Jahr der Wahrheit und der Nagelproben werden.

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