Onlinehändler mit ERP-System aufgepasst: Viele von euch führen die Umsatzsteuer zu spät ab!

Ab und zu kommt in mir der Ex-Betriebsprüfer hoch und ich erhebe dann meinen Zeigefinger und meine Stimme. Das passiert immer dann, wenn sich steuerliche Halbweisheiten im Bereich Umsatzsteuer hartnäckig halten. Das Problem mit Halbweisheiten ist, dass sie das Finanzamt nicht interessieren.
Worüber ich spreche? Die zentrale Frage im Bereich Umsatzsteuer lautet: Wann müsst ihr die Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Einige von euch machen das regelmäßig zu spät, was ziemlich drastische Konsequenzen haben kann (Ich hole diese Risikokeule nicht oft hervor.)
… wegen eines Irrglaubens.
Rechnungsdatum = Steuerdatum? Bitte werft diesen Glaubenssatz über Bord!
Im E-Commerce hält sich hartnäckig der Glaubenssatz, dass das Rechnungsdatum das steuerlich relevante Datum sei. Dies kann zu fehlerhaften Umsatzsteuer-Erklärungen, einer falschen Buchhaltung und nicht zuletzt zu Problemen mit dem Finanzamt, Betriebsprüfern, …. führen.
Besonders bei Händlern, die ein ERP-System nutzen, tritt dieser Fehler besonders häufig auf. Fangen wir aber von vorne an.
Warum ist das Rechnungsdatum im Bereich Umsatzsteuer nicht entscheidend?
Eine Rechnung enthält in der Regel ein bis zwei Datumsangaben:
- Fast immer das Rechnungsdatum – der Tag, an dem die Rechnung erstellt wurde.
- Manchmal auch das Leistungsdatum (Lieferdatum) – der Zeitpunkt, an dem die Lieferung als ausgeführt gilt.
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG entsteht die Umsatzsteuer am Ende des Monats, in dem die Lieferung als ausgeführt gilt. Das Rechnungsdatum hat also keine steuerliche Relevanz. Wer das Ganze vertiefen will, findet hier einen umfassenden Artikel dazu.
Es stellt sich also die Frage: Wann gilt eine Lieferung als ausgeführt?
Zwei wichtige Grundsätze für die Umsatzsteuer-Bewertung
Im Onlinehandel gilt eine Lieferung als ausgeführt:
- Wenn die Ware versandt wurde: Hier gilt also das Lieferdatum.
- Wenn die Ware vor dem Versand bezahlt wurde (Vorkasse): Hier gilt also das Bezahldatum.
Je nachdem, welches dieser Ereignisse zuerst eintritt, wird die Steuer in diesem Monat fällig.
(Wir nehmen hier an, dass ihr dem Grundsatz der Sollbesteuerung unterliegt. Mehr dazu auch wieder hier.)
Typische Missverständnisse von Händlern mit ERP-Systemen
Händler, die ein ERP-System nutzen, fragen unsere Support-Experten regelmäßig, warum für die steuerliche Bewertung das Bezahl- oder Versanddatum erforderlich ist.
Häufig sprechen wir dann über diese beiden Szenarien inklusive der korrekten steuerlichen Bewertung.
- Kunde bestellt und die Ware wird auf Rechnung geliefert:
- Steuerlich relevant ist das Lieferdatum, unabhängig davon, wann der Kunde zahlt.
- Kunde bestellt und zahlt per Vorkasse:
- Steuerlich relevant ist das Bezahldatum, unabhängig davon, wann die Ware verschickt wird.
Diese Unterscheidung bilden die meisten ERP-Systeme leider nicht ab.
Das Problem mit ERP-Systemen und der Umsatzsteuer
In vielen ERP-Systemen kann man entweder nur das Liefer- oder nur das Bezahldatum einer Transaktion zuordnen/hinterlegen. Viele Händler wollen dann oft, dass eine Transaktion erst steuerlich erfasst wird, wenn die Ware sowohl bezahlt als auch versendet wurde, sodass sie dann auf das spätere der beiden Merkmale (Liefer- oder Bezahldatum) gehen. Das entspricht jedoch nicht den steuerlichen Vorgaben und nicht der Logik unserer Umsatzsteuer-Engine, die jede Transaktion prüft und immer auf das frühere Merkmal abstellt.
Gehen wir einmal von dem folgenden Fall aus: Die Ware wird im Februar versendet und erst im März bezahlt.
Wird diese Transaktion erst für den März im ERP als steuerlich abgeschlossen hinterlegt, weil dann Versand und Bezahlung erfolgen, begeht der Händler eine sogenannte Steuerhinterziehung auf Zeit. Dies tritt dann ein, wenn er die Umsatzsteuer nicht im Februar, sondern erst im März meldet und abführt.
Häufig fällt das im Taxdoo-Support jedoch auf und wir müssen den Händler überzeugen, für und mit ihm, einen Rattenschwanz an Problemen zu lösen, weil:
- Transaktionen werden über unsere ERP-Schnittstelle importiert, die in einen bereits abgeschlossenen Monat gehören.
- Umsatzsteuer-Erklärungen – in DE und im Ausland – müssen korrigiert werden, was zu einem hohen finanziellen Aufwand und möglichen Strafen führen kann.
- Die Buchhaltung muss rückwirkend korrigiert werden, damit sie konsistent mit den Umsatzsteuer-Erklärungen ist.
Fazit: Erspart euch Steuer-Ärger und Aufwand!
Diesen Ärger, Aufwand und die damit verbundenen Risiken könnt ihr euch und auch uns ersparen, wenn ihr den eingangs genannten Glaubenssatz über Bord werft.
Was ihr auch bedenken solltet: Kommt es zu einer Betriebsprüfung und dem Prüfer fällt DAS auf, wird er euch oder eurem Steuerberater sagen, dass er ein strukturelles steuerliches Problem sieht. Was das bedeutet und wohin das führt, besprechen wir in einem der nächsten Betriebsprüfungsartikel hier im Blog.
Weitere Beiträge

Deep Research: mehr Schweiß und Herzblut!

Hype um Deep Research: Können diese Super-KI-Modelle auch komplexe steuerliche Probleme lösen?
