Stellt euch vor: Ein Onlinehändler verkauft Waren B2C und grenzüberschreitend in die EU – bislang unter dem Radar des sogenannten Schwellenwertes des § 3c Abs. 4 UStG.
Jetzt zeigt sich: Er hat die einheitliche EU-weite Schwelle von 10.000 € netto überschritten und spätestens damit sind alle seine B2C-Lieferungen im EU-Ausland steuerpflichtig (§ 3c Abs. 1 UStG).
Idealerweise hat er sich vorab für den sogenannten One-Stop-Shop (OSS) registriert und kann darüber die Umsatzsteuer einfach und automatisiert abführen.
Was aber, wenn er die Frist verschlafen hat? Ist hier noch etwas zu retten? Oder, muss er diese Umsätze, die in Deutschland nicht mehr der Umsatzsteuer unterliegen, doch hier versteuern, worauf sich kürzlich ein Betriebsprüfer und ein Steuerberater im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung einigten?
Auf keinen Fall! Fangen wir von vorne an.
Mit der Reform der EU-Mehrwertsteuer im E-Commerce („VAT in the Digital Age“) wurde zum 1. Juli 2021 die bisher geltenden länderspezifischen Lieferschwellen (z. B. 35.000 € oder 100.000 €) durch eine einheitliche EU-weite Lieferschwelle von 10.000 € netto pro Kalenderjahr ersetzt.
Was heißt das konkret? Wenn ein in Deutschland ansässiger Händler (oder Mandant) grenzüberschreitend an Privatkunden in anderen EU-Mitgliedstaaten verkauft (= Fernverläufe) und die Summe dieser Lieferungen im Kalenderjahr 10.000 € netto übersteigt (oder im Vorjahr schon überschritten wurde), dann wird der Ort der Leistung für diese Fernverkäufe nicht mehr Deutschland (Inland) sein, sondern das jeweilige Bestimmungsland des Kunden.
Das bedeutet: Der Händler muss entweder über das zentrale Verfahren One‑Stop‑Shop Verfahren (OSS) melden oder sich lokal im Bestimmungsland registrieren und dort Umsatzsteuer abführen.
Wenn die Schwelle von 10.000 € erreicht oder überschritten wird, gilt Folgendes:
Da lokale Registrierungen immer mit deutlich mehr Aufwand (monetär und administrativ) verbunden sind, empfehle ich hier ausdrücklich die Nutzung des OSS. Es sei denn, ihr seid ein Konzern, der ohnehin bereits in alle EU-Staaten lokal registriert ist. In diesem Fall dürfte der OSS euch keinen Vorteil bringen – im Gegenteil
Für alle anderen stellt sich jetzt die Frage: Bis wann muss ich mich spätestens für den OSS registriert haben?
Wie immer im Steuerrecht gilt: Es gibt dafür einen Grundsatz und mindestens eine Ausnahme.
Was passiert, wenn Sie die 10.000 €-Marke überschreiten und nicht rechtzeitig die OSS-Registrierung beantragen? Dann greift die Pflicht zur lokalen Registrierung im Bestimmungsland bzw. in allen Bestimmungsstaaten. Das heißt konkret:
Kurz: Falls die OSS-Registrierung versäumt wurde, ist die lokale Lösung der einzige saubere Weg. Und das heißt: Sofort handeln, denn jeder Tag Verzögerung kann teuer werden.
In der Praxis wählen viele Händler – nach Rücksprache mit ihrem Steuerberater – eine pragmatischere Variante:
Die betroffenen Umsätze werden in die nächste OSS-Meldung aufgenommen, sofern die Beträge überschaubar und sauber dokumentiert sind.
Diese Lösung ist kein offizieller Freifahrtschein, wird aber von vielen EU-Finanzbehörden häufig toleriert, wenn keine erheblichen Steuerbeträge betroffen sind und der Händler unverzüglich reagiert hat.
Wichtig:
Seit 2019 haften Amazon und Co. für Händler, die ihren Steuerpflichten nicht nachkommen. Eine verschlafene OSS-Registrierung kann daher im worst case auch zur Marktplatzsperrung führen.
Wenn du als Onlinehändler oder Steuerberater eine Lösung für die Buchhaltung suchst, die nicht nur alle Erlöse und alle Ausgaben abdeckt, sondern auch den 10.000-Euro-Schwellenwert tagesaktuell überwacht, dann melde dich bei uns und wir stellen dir Taxdoo Accounting persönlich vor.

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