Investoren steigen bei deutschen Steuerkanzleien ein: Warum KKR und ETL erst der Anfang waren und warum KI dabei eine wichtige Rolle spielt

Jahrzehntelang wurde der Milliardenmarkt für Steuerberatung in Deutschland erfolgreich durch exzellente Lobbyarbeit abgeschottet. Jetzt beginnen Private Equity und generative KI, diese Mauern einzureißen.
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 4min. Lesezeit
Investoren steigen bei deutschen Steuerkanzleien ein: Warum KKR und ETL erst der Anfang waren und warum KI dabei eine wichtige Rolle spielt

Als ich vor gut einer Woche in einem Nebensatz auf LinkedIn das Engagement eines der weltgrößten Private-Equity-Investoren bei der größten deutschen Steuerkanzlei-Gruppe erwähnte, war die Resonanz gewaltig. Warum? Weil es m.E. vielen in der Branche als Tabubruch gilt, dass KKR und ETL gemeinsame Sache machen – und KKR so durch über 1.000 Steuerkanzleien in einen Markt einsteigt, der sich über Jahrzehnte erfolgreich gegen jeden Transformationsdruck von außen abschottete.

Wer hätte vor Jahren gedacht, als Franz Müntefering im Private-Equity-Kontext über Heuschrecken sprach, dass nun auch deutsche Steuerkanzleien vor einer solchen Übernahmewelle stehen könnten?!

Zwei Fragen wurden mir seitdem immer wieder gestellt:

  • Wie haben die das gemacht? Eine direkte Beteiligung ist doch in Deutschland gar nicht zulässig?!
  • Hast du eine Quelle dafür?

KKR und ETL: Hast du eine Quelle, Roger?

Diese Frage bekam ich sowohl aus der Steuer- als auch aus der Private-Equity-Welt, obwohl es einige öffentliche Quellen gibt.

Quelle: https://www.kkr.com/about/our-people/alicia-guindulain

Offenkundig waren die Fragesteller aber selbst zu behäbig, z.B. ChatGPT zu befragen, das bekanntlich seit einiger Zeit auch seine Quellen offenlegt.

Quelle: ChatGPT 4o

Wer es etwas technischer mag, der wird hier fündig – im Reporting von KKR selbst (siehe unten).

KKR und ETL sind aber nur der Anfang und eigentlich schon ein alter Hut. Im vergangenen Jahr kam die börsennotierte Schweizer Partners Group auf dem deutschen Markt so richtig in Shoppinglaune.

Partners Group aus der Schweiz kauft 2024 mehr als 20 Steuerkanzleien (und Wirtschaftsprüfer)

Unter der neu geschaffenen Dachmarke afileon will man Synergieeffekte bündeln und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Rechtsberatung deutlich effizienter als die Konkurrenz anbieten.

Quelle: ManagerMagazin v. 21.01.2025

Was versprechen sich die Investoren davon?

Natürlich Rendite! Klar! Dabei muss man wissen, dass Private Equity in der Regel zweistellige Zielrenditen hat und die sehr guten Manager dort, diese auch regelmäßig erzielen. Wo soll diese zukünftige Wertschöpfung aber herkommen? Die einfache Antwort ist: mehr Effizienz.

Dieses Mehr an Effizienz kann man über zahlreiche Wege erreichen. Hier sind zwei.

  • Größenvorteile (Skaleneffekte): Bei z.B. 20 oder gar 1.000 Steuerkanzleien können einige Services – z.B. die Rechtsberatung – gebündelt und zentral koordiniert werden, ebenso der Einkauf von Software, das Einstellen von Mitarbeitern, Fortbildungen, … All das drückt die Kosten, wenn es gut gemacht wird und der administrative Wasserkopf nicht zu groß wird.
  • Da Steuerberatung im Kern immer noch ein Zeit-gegen-Geld-Geschäftsmodell ist: mehr Effizienz auf Ebene des einzelnen Mitarbeiters durch generative KI.

Gerade der zweite Punkt (generative KI) ist seit Monaten bzw. Jahren das Zauberwort. Marc Bhargava, der Geschäftsführer von General Catalyst – einem Tech-Investor aus den USA und Risikokapitalgeber bei Stripe, Airbnb, …. – erklärt es so.

Wir sehen enormes Potenzial darin, Steuerberatungsgesellschaften zusammenzuführen, ihre Abläufe zu automatisieren und es ihnen zu ermöglichen, doppelt so viele Mandanten zu betreuen. Das Ziel ist nicht, Menschen durch generative KI zu ersetzen, sondern sie in die Lage zu versetzen, zwei- bis dreimal so viel zu leisten.

Private Equity und deutsche Steuerkanzleien: Dürfen die das überhaupt? Wird das den Markt verändern?

Roger, hast du eigentlich schon einmal etwas vom Fremdbesitzverbot bei Steuerkanzleien gehört?

Diese Frage höre ich seit einiger Zeit des Öfteren. In den kommenden Wochen und Monaten will ich euch zusammen mit ausgewählten Experten zeigen, wie solche Deals ablaufen, was es mit dem Fremdbesitzverbot auf sich hat (oder nicht) und wie das Ganze den Markt verändern wird.

Auch auf dem Dinner des Taxdoo Innovation Summits am 12.06.2025 in Hamburg werden wir beim entspannten Mampfen dazu mit bekannten Experten in den Ring steigen und gemeinsam diskutieren, ob und wie diese gewaltige Wette aufgehen kann – mit Leuten, die bei dieser Frage Skin in the Game haben.

Wie seht ihre diese Entwicklung?

Chance oder doch eher Risiko? Teilt mir eure Meinung – und vielleicht auch Erfahrung – gerne hier in den Kommentaren mit.

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