Bundestagswahl 2025: Keine Wahlempfehlung, aber ein paar Gedanken

Wie hängen Narrative, die Bundestagswahl 2025, Brioni, Oasis, Blur und ein Business Punk zusammen?
Dr. Roger Gothmann
Dr. Roger Gothmann
  • 3min. Lesezeit
Bundestagswahl 2025: Keine Wahlempfehlung, aber ein paar Gedanken

Ich sitze gerade im Zug von Berlin nach Hamburg. Alle sechs bis sieben Wochen bin ich dort für ein Coaching bei der sehr geschätzten Prof. Brigitte Witzer. Auf der Rückfahrt muss ich dann meine Gedanken, Eindrücke und – nicht immer heroischen – Selbsterfahrungen ordnen.

Heute will ich die Zeit für ein Anliegen und das damit verbundene Ordnen von Gedanken nutzen, das nicht in der Welt des Steuerrechts, generativer KI oder E-Commerce verortet ist.

Die ersten zehn Jahre meines Lebens bin ich in einem Staat aufgewachsen, den es seit nunmehr 35 Jahren nicht mehr gibt. Ein Staat, den ich als verdruckst, verbietend, einschränkend und einsperrend empfunden habe.

Als Kind habe ich nie verstanden, warum mich meine Eltern gemaßregelt haben, wenn ich in der Öffentlichkeit über Filme gesprochen habe, die ich im (West)Fernsehen sah. Ich habe nie verstanden, warum in den Paketen, die uns unsere (West)Verwandten schickten, Produkte lagen, von denen ich dachte, sie kämen aus der Zukunft und die ich nie meinen Freunden zeigen durfte. Ich habe nie verstanden, warum mein Vater die Fenster im Haus schloss, wenn er über Politik sprach.

Erst später, nachdem dieser Staat implodiert war, wurde mir bewusst, dass das alle überstrahlende Gefühl fehlende Freiheit war. Ich lebte bis zu diesem Zeitpunkt zwar in einem Land, das die Begriffe Demokratie und Republik im Namen trug und in dem das Wort Frieden in jeder Lied- oder Gedichtzeile vorkam.

Gleichzeitig war dies ein Land, das einen riesigen Machtapparat am Leben hielt, der nichts anderes tat, als jeden Bürger zu kartografieren und gewaltige Aktenberge über ihn anzulegen, weil dieser Staat eben nicht im Frieden mit den eigenen Bürgern lebte.

Das hat mich unweigerlich geprägt und erst über die Jahre lernte ich – auch über mich selbst – was für eine ungeheure Kraft Freiheit sein kann. Ich sehe es daher als großes Geschenk an, dass unsere vier Kinder in einem freien Land aufwachsen und in dem ich gemeinsam mit zwei Freunden ein Unternehmen gründen durfte.

Ich werde daher auch einen Teufel tun und euch vor der Bundestagswahl eine Wahlempfehlung geben. Das maße ich mir nicht an, denn das ist eure Freiheit.

Wer aber Bock hat, ein paar Gedanken von einem Gründer dazu zu lesen, der kann das in der aktuellen Ausgabe von Business Punk machen.

Dort war eine Frage: Was wünsche ich mir von der Politik (für Start-ups/Gründer)? Eine Antwort seht ihr oben.

Jetzt werden vielleicht viele sagen: Roger, von einem Narrativ ist noch nie jemand satt geworden! Von einem Narrativ kann ich mir nichts kaufen! Das ist doch nur Marketing-Gedöns!

Meine Antwort dazu lautet: Narrative sind das geistige Fundament. Wenn eine Führung – CEO, Vorstand, Bundeskanzler, Fußballtrainer, … – nicht in der Lage ist, seine Strategie in eine greifbare, glaubhafte und motivierende Geschichte (Narrativ) zu verpacken, dann hat er/sie keinen Plan, keine intrinsische Motivation und keine Vision.

Jedes Unternehmen, jede Bewegung, jede Innovation, jede Veränderung begann immer mit einem Narrativ, welches motivierte und das gleichzeitig Menschen zu einer Gemeinschaft formte.

Übrigens: Meine erste Bundestagswahl, an der ich teilnehmen durfte, war 1998. Damals wehte der frische Geist von New Labour aus Großbritannien auf das Festland, begleitet durch den Sound von Oasis und Blur und dem Style von Brioni. Man konnte den Aufbruch und diese Form der neuen Freiheit also förmlich greifen und hören.

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