Amazon-Gebühren und (neue?) Umsatzsteuerlogik: höhere Mathematik oder alles ganz einfach?

Die umsatzsteuerliche Neubewertung der Amazon-Gebühren – zuletzt hier erläutert – ist zwar keine Raketenwissenschaft, aber auch nicht ganz trivial. In dem zuvor verlinkten Blogpost tauchten viele Fragen in den Kommentaren dazu auf.
Zusammengefasst: Welche der vielen Gebühren bei Amazon werden jetzt wie umsatzsteuerlich neu bewertet und wo findet man die Informationen dazu?
Darauf will ich in diesem Artikel eingehen.
Dabei ist neu bewertet nicht der richtige Ausdruck, denn das würde bedeuten, dass man zuvor einer Fehleinschätzung gefolgt wäre. Dem ist nicht so #noamazonbashing(today)
Alte Gebühren, neue Umsatzsteuerregeln: E-Rechnung schuld?
Amazon erbringt seit dem 1.8.2024 einen bestimmten Teil der Leistungen für deutsche Amazon-Händler nicht mehr weitgehend zentral über eine Niederlassung in Luxemburg, sondern über deutsche Niederlassungen.
Zu diesen Leistungen gehört ganz zentral und für jeden Händler unvermeidbar die Vermittlungsprovision – diese beginnt derzeit bei 15 Prozent pro vermitteltem Umsatz – sowie viele Leistungen rund um die Logistik: Fulfillmentgebühren (FbA-Gebühren).
Hintergrund: Meine Vermutung, warum Amazon diese Umstellung vorgenommen hat, ist, dass Amazon die Abrechnung zum 1.1.2025 auf die E-Rechnung aufgleisen will. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Leistung zwischen zwei inländischen Unternehmen stattfinden muss.
Aber das ist aktuell nur eine Vermutung; sobald die Fakten vorliegen, lest ihr das natürlich hier zuerst.
Schauen wir uns aber die Änderungen einmal im Detail an.
Amazon-Gebühren: neue Umsatzsteuerlogik
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass ein Amazon-Händler, der nur über amazon.de seine Produkte verkauft und seinen Unternehmenssitz in Deutschland hat, seit dem 1.8.2024 nur noch Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer von Amazon erhalten sollte – vorausgesetzt die Waren werden über den amazon.de Marktplatz nicht in ein Drittland gesendet (dazu gleich mehr).
Wird es komplexer und es kommen ausländische Marktplätze und Warenlager ins Spiel, sieht die neue Umsatzsteuerlogik in Gänze so aus.
- Fulfillment– und Verkaufsgebühren für den DE-Marktplatz werden seit dem 1.8.2024 mit Umsatzsteuer abgerechnet.
- Die Abrechnung erfolgt seitdem über die Amazon EU S.a.r.l., die weiterhin in Luxemburg ansässig ist, aber auch eine Niederlassung/Betriebsstätte in Deutschland hat.
- Im Umsatzsteuerrecht gilt bei sonstigen Leistungen der Grundsatz (§ 3a Abs. 1 S. 2 UStG): Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
- Werbekosten für den DE-Marktplatz werden bereits seit Jahren mit deutscher Umsatzsteuer über eine deutsche Tochtergesellschaft – Amazon Online Germany GmbH – abgerechnet.
- Werbekosten, die nicht für den DE-Marktplatz erfolgen, werden weiterhin direkt von lokalen Gesellschaften wie Amazon Online UK Limited oder Amazon Online Italy erbracht und unterliegen weiterhin dem Reverse-Charge-Verfahren, da es sich um Leistungen durch eine in der EU (§ 13b Abs. 1 UStG) oder im Drittland (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG) ansässige Gesellschaft handelt.
- Fulfillment- und Verkaufsgebühren, die nicht für DE-Marktplatz erbracht werden, werden seit dem 1.8.2024 ebenfalls mit Umsatzsteuer abgerechnet.
- Was ist die Logik dahinter?
- Ausländische Amazon-Warenlager stellen umsatzsteuerlich keine Betriebsstätte dar.
- Amazon erbringt die Leistung daher immer an den Unternehmer in Deutschland.
- Für FbA-Gebühren im Zusammenhang mit einem Drittstaat – die Lieferung beginnt im Drittstaat oder endet im Drittstaat – gilt eine Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Satz 1 Nr. 3 UStG).
Hintergrund: Wer sich fragt, was umsatzsteuerlich mit Drittstaat gemeint ist, dem sei hier auf der Stelle geholfen. Das Umsatzsteuerrecht sagt kurz und knapp: Drittstaat ist jeder Staat, der nicht Mitglied der Europäischen Union (EU) ist.
Ok, für die UStG-Aficionados unter uns: Das UStG drückt sich noch etwas gewählter aus in § 1 Abs. 2a S. 3 UStG Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist
Klingt machbar, oder? Naja!
In den Rechnungen oder Auszahlungsberichten von Amazon gibt es (noch!) keinen Hinweis, welche Transaktionen bzw. Gebühren in welche der oben genannten Kategorien fallen. Das betrifft insbesondere die Drittstaaten-Gebühren, da man auf den ersten und zweiten Blick nicht zwischen Steuerbefreiung und Reverse-Charge unterscheiden kann. Wie kann man das Problem nun lösen?
Alter Taxdoo-Umsatzsteuer-Algorithmus für neue Amazon-Gebühren
Taxdoo prüft seit Tag 1, wie sich die Ware bewegt, da das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich der Warenbewegung folgt. Das ist unsere DNA. So lässt sich also auch die Gebühr umsatzsteuerlich bewerten – selbst bei Gebühren rund um Amazon GB oder anderen Drittstaaten.
Ihr wollt mehr dazu hören und euch persönlich mit mir austauschen? Das könnt ihr u.a. hier.
6 Kommentare
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Frank
Die Argumentation dieses Blog-Beitrags ist logisch, nur scheint Amazon das anders zu sehen.
Bei uns (deutsche Firma, deutscher Sitz) ist es so, dass zwar Werbekosten auf nicht DE Markpätzen umsetzsteuerfrei sind. Aber: auf Verkaufsgebühren und FBA-Gebühren von nicht DE Markpätzen werden von Amazon seit 1.8.2024 19% deutsche Umsatzsteuer berechnet.
Welcher Logik es folgen soll, dass für FBA Versand von einem spanischen Lager an spanische Endkunden deutsche Umsatzsteuer berechnet wird, weiß wohl nur Amazon. Bei den Verkaufsgebühren kann man vielleicht eher argumentieren, warum, wieder zum Beispiel für den spanischen Marktplatz, deutsche Umsatzsteuer anfallen soll – aber auch das ist doch recht merkwürdig.
Dr. Roger Gothmann
Moin Herr Zwecker,
vielen Dank für Ihren Hinweis!
Die Darstellung im Blog war in der Tat etwas verkürzt. Ich habe das Ganze noch einmal weiter aufgebohrt – und auch die umsatzsteuerlichen Grundsätze/Normen ergänzt.
Viele Grüße
Roger Gothmann
Hannes Sennewald
Wenn ich Umsatzsteuer-Sonderprüfer eines deutschen Onlinehändlers wäre und mir der Händler die Amazon-Gebührenabrechnungen für das Q3/24 mit der oben angesprochenen “neuen” Umsatzsteuer-Logik vorgelegt hätte, würde ich die folgende Frage zusammen mit dem dahinter liegenden Gedanken offen formulieren und wäre auf die Argumentation des Händlers sehr gespannt:
Erbringt Amazon seit dem 1.8.2024 tatsächlich einen bestimmten Teil der Leistungen für deutsche Amazon-Händler nun nicht mehr zentral über die Niederlassung in Luxemburg, sondern über (eine) deutsche Niederlassung(en) oder hat Amazon in Vorbereitung auf die E-Rechnung lediglich den Abrechnungsprozess technisch umgestellt?
Basierend auf dem bisherigen Status Quo müsste Amazon für die Anwendung von § 3a Abs. 1 S. 2 UStG entsprechend die (Leistungs-)Prozesse (nachweislich) umgestellt haben, um die Leistungserbringung ins Inland zu verlagern (“die sonstige Leistung muss der Betriebsstätte tatsächlich zuzurechnen sein”). Wird die Leistung aber weiterhin überwiegend zentral in Luxemburg erbracht, dann weist Amazon seit August 2024 eine unrichtige Umsatzsteuer aus (§ 14 Abs. 1 UStG) auf die der Händler keinen Vorsteuerabzug hätte.
Dr. Roger Gothmann
Moin Hannes,
absolut berechtigte Frage! Da hier bekanntermaßen der eine oder andere Finanzbeamte mitliest, wird es diese Frage vielleicht auch bald in der Praxis geben.
Vielen Dank für diesen Impuls!
Liebe Grüße
Roger
Manuel
Moin Roger,
die neuen Rechnungen der Amazon Fulfillment– und Verkaufsgebühren enthalten (erst seit kurzem) ein Leistungszeitraum. Keinen Leistungszeitpunkt oder eine Referenz, mit der man eindeutig die Gebühren der Rechnung einer Bestellung / Transaktion zuordnen kann.
Die angefallenen Gebühren je Bestellung über einen Leistungszeitraum entsprechen nicht (nicht mal annähernd… ) denen, die Amazon in Ihren Rechnungen angibt. Wie ist das vor einem Prüfer zu Rechtfertigen? Bin ich da der einzige, der das Problem hat?
Vielen Dank Vorab!
Dr. Roger Gothmann
Moin Manuel,
vielen Dank für Dein Feedback und Deine Einblicke!
Das scheint nicht einheitlich so zu sein. Ich habe bei Stichproben von zahlreichen Händlern gesehen, dass der Leistungszeitraum bereits ab Oktober auf der Rechnung stand. Offenkundig aber nicht bei allen.
Zu Deinem zweiten Punkt: Wenn aufgrund der Abweichungen, die Du nennst, keine eineindeutige Zuordnung möglich ist, dann würde ein Betriebsprüfer mit hoher Wahrscheinlichkeit den Vorsteuerabzug streichen – soweit keine alternative Zuordnung möglich ist.
Ich behalte das im Auge und werde hier im Blog in den kommenden Wochen ein Update geben.
Viele Grüße
Roger Gothmann